Kommunalpolitische Interessensvertretung auf Stammes- und Bezirksebene

Eine Handreichung für Vorstände in Stämmen und Bezirken.
Eine Person schreibt auf einen DINA4-Zettel den Schriftzug "Für eine lebendige Zukunft"

Warum ist politische Interessenvertretung wichtig?

Die Jugendverbandsarbeit ist ein wesentlicher Teil unseres demokratischen Gemeinwesens. Auch wir als DPSG sind in diesem Rahmen sehr aktiv – auf Stammes-, Bezirks- und Diözesanebene. Wir haben als Mitgliedsverband des BDKJ Münsters im Antrag[1] auf der Diözesanversammlung 2025 „Vertretung der Jugendverbände in Jugendhilfeausschüssen stärken“ bekräftigt, wie wichtig die strukturelle Beteiligung junger Menschen an politischen Entscheidungen ist. Gerade Jugendhilfeausschüsse (JHA) sind zentrale Gremien, in denen über kommunale Fördermittel, Maßnahmen und Angebote entschieden wird.

Als DPSG wollen wir sicherstellen, dass Pfadfinder*innenarbeit vor Ort sichtbar bleibt – und dass unsere Anliegen bei der Kommune Gehör finden. Diese Handreichung bietet euch konkrete Tipps, wie das gelingen kann.

Was sind kommunale Förderstrukturen?

Kommunen fördern die Jugendarbeit auf vielfältige Weise – besonders für anerkannte Träger der freien Jugendhilfe (wie uns). Die kommunale Förderstruktur besteht i.d.R. aus:

  • Fachämtern (z.B. Jugendamt)
  • Jugendhilfeausschüssen (JHA)
  • Kommunalpolitischen Gremien (z.B. Rat, Bezirksvertretungen)

In der Praxis bedeutet das: Wer Förderung für Zeltlager, Materialien oder Räume braucht, kommt an der Kommune nicht vorbei. Umso wichtiger, dass wir die Strukturen kennen und nutzen.

Jugendhilfeausschüsse: Das Herzstück der Jugendförderung

Die Jugendhilfeausschüsse sind das politische Gremium auf kommunaler Ebene für alle Fragen rund um Kinder- und Jugendarbeit.

Was machen Jugendhilfeausschüsse konkret?

  • Beratung über aktuelle Herausforderungen junger Menschen
  • Jugendhilfeplanung (z. B. welche Angebote fehlen?)
  • Vergabe von Fördermitteln an freie Träger
  • Mitgestaltung kommunaler Jugendpolitik
  • Kontrolle der Umsetzung bestehender Angebote
  • Vernetzung mit Verbänden, Kirchen, Trägern
  • Förderung von Beteiligung junger Menschen

Wer darf im JHA mitarbeiten?

  • Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft:
  • mind. 18 Jahre alt, mind. 3 Monate Wohnsitz in der Kommune
  • Staatsangehörigkeit eines EU-Landes (oder Gleichgestellte)
  • Erfahrung in der Jugend(verbands)arbeit
  • Keine Tätigkeit im öffentlichen Dienst der Kommune/Jugendhilfeaufsicht

Vielleicht gibt es ehemalige Stammesvorstände/ Engagierte, die sich im JHA engagieren wollen?!

Wahlen 2025: Jetzt vorbereiten!

Am 14. September 2025 ist Kommunalwahl in NRW. Das heißt: Ratsmitglieder, Bezirksvertretungen, (Ober-)Bürgermeisterinnen und Landrätinnen werden neu gewählt.

Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um Kontakte aufzubauen und unsere Anliegen zu platzieren!

Interessenvertretung vor Ort – konkret umgesetzt

Politische Interessenvertretung muss nicht kompliziert oder abstrakt sein – sie beginnt dort, wo wir unsere Arbeit zeigen und mit Entscheidungsträger*innen ins Gespräch kommen. Gerade auf lokaler Ebene sind die Wege kurz, und oft fehlt es nur an einem konkreten Anlass oder einer Einladung, um erste Kontakte zu knüpfen.

Ziele eurer Interessenvertretung

Die kommunalpolitische Interessenvertretung auf Stammes- und Bezirksebene verfolgt drei zentrale Ziele:

  1. Pfadfinderarbeit sichtbar machen: Viele wissen gar nicht, was hinter unserer Jugendarbeit steckt – zeigen wir es ihnen! Ob in der Gruppenstunde, beim Lager oder im Projekt: Unsere Aktivitäten sind gelebte Wertearbeit, soziales Lernen und Demokratieförderung.
  2. Entscheidungsträger*innen kennenlernen: Egal ob Bürgermeister*in, Ratsmitglied oder Verwaltungskraft – persönliche Kontakte sind das A und O. Wer uns kennt, kann uns besser unterstützen. Gerade bei Förderentscheidungen macht das oft den Unterschied.
  3. Verständnis und Unterstützung wecken: Wenn klar wird, wie wertvoll unsere Arbeit für Kinder und Jugendliche ist, steigt auch die Bereitschaft, uns finanziell und strukturell zu stärken – durch Fördermittel, Nutzung von Räumen oder langfristige Kooperationen.

Wie geht das konkret? Veranstaltungen nutzen – und clever planen

Der einfachste Weg, um Pfadfinden erlebbar zu machen, sind Veranstaltungen, bei denen unsere Arbeit sichtbar wird. Ideal sind Anlässe, bei denen Kinder und Jugendliche aktiv sind.

Geeignete Formate sind zum Beispiel:

  • Pfingstlager oder Stammeslager (am besten in räumlicher Nähe)
  • Offene Gruppenstunden oder Projektaktionen
  • Jubiläen oder andere öffentliche Feiern des Stammes/Bezirkes
  • Pfadfindertage, Lagerfeuerabende oder Mitmachaktionen

Einladen – aber richtig!

Eine offizielle Einladung per Brief reicht oft nicht aus, um Interesse zu wecken. Hier sind persönliche Wege meist erfolgreicher:

  • Telefonische Kontaktaufnahme – z. B. über das Sekretariat im Rathaus oder die Ratsfraktionen
  • E-Mail mit Rückrufbitte – freundlich, aber konkret formuliert
  • Direkte Ansprache bei anderen Veranstaltungen – z. B. Stadtfeste, Schulfeste, kirchliche Anlässe
  • Nutzt unser Verbandsportfolio –  hier sind die wichtigsten Fakten zu unserem Verband und unserem Diözesanverband konkret zusammengefasst.
  • Einladungsvorlagen können verwendet werden

Wichtig: Ladet gezielt Menschen ein, die in politischen oder verwaltungstechnischen Entscheidungen eine Rolle spielen. Dazu gehören:

  • Bürgermeister*innen oder Ortsvorsteher*innen
  • Rats- und Ausschussmitglieder (besonders Jugendhilfeausschuss!)
  • Mitarbeitende aus dem Jugendamt
  • Fraktionsvorsitzende oder Sprecher*innen für Jugendpolitik

Umsetzung: Was passiert beim Besuch?

Ein Besuch von politischen Entscheidungsträger*innen ist kein Staatsbesuch – aber eine große Chance! Ziel ist es, ein authentisches Bild unserer Arbeit zu vermitteln und Raum für Austausch zu schaffen.

Vor Ort – wie begrüßen wir Gäste?

  • Führung über den Platz oder das Gelände: Zeigt, wo und wie ihr arbeitet – von der Feuerstelle bis zum Basteltisch.
  • Typische Elemente unserer Arbeit vorstellen: z. B. Jurten, Hike-Berichte, Gruppenspiele, Projekte oder Workshops.
  • Ansprechperson benennen: Eine*r sollte den Überblick behalten und als Gastgeber*in fungieren.
  • Informelles Kennenlernen ermöglichen: z. B. bei Kaffee & Kuchen oder beim gemeinsamen Abendessen.

Tipp: Die Kombination aus strukturierter Vorstellung und ungezwungenem Gespräch wirkt besonders überzeugend.

Gesprächsinhalte: Worum geht es konkret?

Bereitet euch intern auf den Besuch vor – mit klaren Themen und einer Idee, was ihr anstoßen wollt. Beratet euch gemeinsam vorher über aktuelle Themen in Vorstandsrunden, Stammesleitungsrunden, Leiter*innenrunden. Mögliche Inhalte:

  • Fördermittel: Wo braucht ihr finanzielle Unterstützung?
  • Räumliche Infrastruktur: Gibt es genug Platz für Gruppenstunden?
  • Kooperationsideen: Was wäre gemeinsam mit Schule, Kita, Offener Jugendarbeit oder anderen Trägern möglich?
  • Verwaltungsfragen: Wo hakt es in der Kommunikation oder Antragstellung? Gibt es unklare oder bürokratische Hürden?

Ziel ist nicht, alles zu lösen – sondern Verständnis zu schaffen und Impulse zu setzen.

Umsetzung advanced: Kinder und Jugendliche aktiv einbeziehen

Besonders wirkungsvoll ist es, wenn Kinder und Jugendliche selbst zu Wort kommen – denn sie sind die Hauptakteur*innen unserer Arbeit.

So gelingt Beteiligung:

  • Kinder erzählen lassen: Was bedeutet Pfadfinden für sie? Was macht ihnen Spaß? Welche Ideen haben sie für ihren Stamm?
  • Gruppenstunden: Spielerisch und kindgerecht zeigen, was euch ausmacht – z. B. in einem Mitmachspiel oder beim Knotenlernen.
  • Demokratie erlebbar machen: Erzählt, wie Mitbestimmung im Stamm funktioniert – z. B. bei der Stammesversammlung

Gerade diese Form der Beteiligung überzeugt politische Gäste davon, wie wertvoll die Jugendverbandsarbeit ist – weil junge Menschen hier lernen, wie Demokratie praktisch geht.

Fazit

Politiker*innen sind auch nur Menschen. Sie wollen verstehen, was vor Ort passiert. Nutzt eure Begeisterung, eure Geschichten und eure Projekte, um Pfadfinden sichtbar und unterstützenswert zu machen.

Denn klar ist: Wir sind ein aktiver Teil der Zivilgesellschaft – und dafür brauchen wir passende Rahmenbedingungen und verlässliche Finanzierung!

Weiterführende Angebote

  • LAG kommunale Jugendringe NRW: Fortbildungen & Infos
    www.jugendringe.nrw/qualifizierung
  • Jugendpolitische Interessenvertretung – Arbeitshilfe für Mitglieder in den kommunalen Jugendhilfeausschüssen, 5.Auflage, BDKJ Verlag Paderborn, ISBN 978-3-9807411-9-4

Nützliche Dateien:


[1] https://bdkjms.antragsgruen.de/DV2025/a3-vertretung-der-jugendverbande-in-jugendhilfeausschussen-35324

Über den*die Autor*in

Portrait von Henning Bayer

Henning Bayer

Henning ist Verbandspolitischer Vorstandsreferent im DPSG Diözesanverband Münster.