Suche
Navigation

Ver-rückt: Menschen auf der Flucht

23.06.2016  |  KoM

Aus der Heimat raus bewegt, zur Seite geschoben, raus gedrängt und geflohen. Vertrieben von Furcht, Angst, Gewalt und Verfolgung. Ende 2013 waren 51,2 Millionen Menschen auf der Flucht, diese Zahl ist im Jahr 2014 noch weiter gestiegen. Immer mehr Menschen müssen ihre Heimat verlassen.

Der Grund für eine so radikale Maßnahme ist hart wie klar – Angst, Verzweiflung, Hoffnungs- und vor allem Perspektivlosigkeit veranlassen die Menschen dazu, sich auf den Weg ins Unbekannte zu machen, um nach Besserung zu suchen. So klar und einfach wie diese Tatsache ist es bei der Suche nach den Gründen, warum Menschen fliehen müssen, schon lange nicht mehr. Kriege, Konflikte, Belagerung, Verfolgung, anhaltende Krisen, ethnische wie religiöse Auseinandersetzungen aber auch Naturkatastrophen zählt die UNO-Flüchtlingshilfe als Hauptgründe der Vertreibung auf. 

Alle 4 Sekunden wird ein Mensch „verdrängt“ , alle 4 Sekunden entscheiden sich Menschen in den Problemregionen unserer Welt, dass sie fliehen müssen. Sie machen sich auf, oft zu Fuß, zunächst in die Nachbarländer. Die Flüchtlinge, die diesen ersten Schritt bestehen, schaffen es so in Länder, denen es nicht viel besser geht. Es sind Länder wie Pakistan oder der Iran, die zurzeit mehr als eine Million Flüchtlinge aufnehmen und versorgen. Diese Länder kämpfen selber mit ihren eigenen Problemen und trotzdem nehmen sie die Menschen im ersten Schritt auf und versorgen sie mit dem, was möglich ist. Aber auch hier stellt sich die Frage: Was ist möglich? Im Libanon kommen 2014 auf 1.000 Einheimische 257 Flüchtlinge. Der Nahe Osten und Afrika scheinen keine wirkliche Sicherheit zu bieten, eine wirkliche Besserung gibt es für die Flüchtlinge dort nicht. So machen sich die Menschen wieder auf und suchen nach Besserung, sie wollen in die westliche Welt, dahin wo alles besser ist, zum Beispiel nach Deutschland.

Am Abend nach einem stressigen Tag sitzen wir endlich zuhause auf der Couch und gucken Nachrichten: Ein Boot mit ein paar hundert Flüchtlingen ist wieder im Mittelmeer gesunken. Wir sehen die Bilder und fragen uns: Wie kann man nur so verrückt sein, in solch einer „Nussschale“ über das Mittelmeer fahren zu wollen? Das Mittelmeer als Gradmesser der Verzweiflung: Wie viel muss einem widerfahren sein, um diesen Schritt zu wagen?

Die wenigsten schaffen es wirklich nach Europa und noch weniger nach Deutschland. Dabei ist Deutschland das Ziel vieler, die meisten Asyl-Anträge der letzen Jahre wurden in Deutschland gestellt.

Jetzt bleibt die Frage: Wie geht es diesen Menschen hier bei uns? Auch in Deutschland bekamen die wenigsten Menschen Asyl, nur einige dürfen als Flüchtlinge in Deutschland bleiben. Was tun sie? Wir wissen es kaum. Sie sind oft in sich geschlossen, sie sind für sich. Sie leben mit ihren Träumen neben der einheimischen Bevölkerung her. Kennen die meisten die Flüchtlinge in ihrer Stadt? Haben sie jemals nachgefragt, was die Menschen hierhin getrieben hat? Welches Leid sie gesehen haben, aber auch welche Schönheit sie zu Hause verloren haben?

Hier wo viele aufhören zu fragen, was mit den Menschen passiert ist, wollen wir als Pfadfinder weiter fragen und uns einsetzen. Wir sind ein Teil der Gesellschaft und wollen diese mitgestalten. Dazu ist der erste Schritt, zu verstehen was es heißt, ein Flüchtling zu sein.

Um dies zu ermöglichen und für uns zu vereinfachen, hat die Jahresaktionsgruppe 2015 (Gast>>Freundschaft - für Menschen auf der Flucht) verschiedenste Materialien ausgearbeitet. Zunächst einen ausführlichen Leitfaden, wie man mit unseren Gästen in Kontakt und in ein Gespräch kommt, aber auch Methoden, um sich spielerisch in die Rolle der Flüchtlinge zu versetzen und so zu lernen, was es bedeutet auf der Flucht zu sein. Wir haben ein paar Auszüge und Anregungen aus dem Jahresaktionsmaterial auf den nächsten Seiten zusammengestellt.

Lösungen für das Flüchtlingsproblem werden noch lange brauchen und sehr vielschichtig sein müssen. Krisen auf der Welt müssen angegangen werden, Einwanderungspolitik muss neu überdacht werden und auch der persönliche Umgang wird sich verändert haben müssen, bevor wir wirklich einen Schritt weiter bei der Problemlösung sein werden. Aber ihr könnt mit eurem Stamm das Thema in den Mittelpunkt rücken – mit dem Ziel, das Leben der Flüchtlinge zu verbessern, aber auch über die Sorgen mancher Mitbürger ehrlich zu sprechen.

Seid kreativ und guckt, was bei euch vor Ort gefragt ist und bringt euch ein.

Sebastian Zeis

(Dieser Artikel ist in der Verbandszeug 1|2015 erschienen)

Methoden für Gruppenstunden

Flüchtlinge, was ist das und wie fühlt sich das an? Was beschäftigt einen? Die Jahresaktionsgruppe 2015 hat für euch Methoden zu jeder Altersschicht ausgearbeitet, mit dem ihr euch dem Thema spielerisch nähern könnt.

Text Adventure

Es ist ein Tag wie jeder andere – dachtest du! Denn plötzlich ändert sich alles, und du musst erleben, wie deine Heimat dir keine Sicherheit mehr bietet. Du musst fliehen! Doch wohin? Und wie geht Flucht eigentlich?

Das Prinzip des Text-Adventures ist ganz leicht: Es ist aufgebaut wie eine Geschichte, aber es existieren mehrere mögliche Handlungsverläufe. Am Ende eines jeden Kapitels wird man vor die Wahl gestellt, wie man weiter vorgehen möchte. Die Entscheidungen nehmen jeweils direkten Einfluss darauf, wie die Geschichte weitergeht. Überlege jeweils gut, denn nicht jeder Weg führt in eine sichere Zukunft. Das Text-Adventure bietet auf diese Weise die Möglichkeit, Kinder spielerisch an das Thema Flucht und Verfolgung heran zu führen, indem es ihnen die Möglichkeit bietet, sich selbst in die Rolle eines Flüchtlings hinein zu versetzen. Es dreht sich ganz um die Frage: Wie würdest du dich entscheiden, wenn du plötzlich von zu Hause fliehen müsstest? Man kann es gut in einer kleineren Gruppe spielen und die Kinder gemeinsam entscheiden lassen. Im Anschluss an das Spiel empfehlen wir, das Spiel gemeinsam zu reflektieren. Mögliche Fragen sind: Was ist den Kindern aufgefallen? Wie haben die einzelnen Entscheidungen den Verlauf der Geschichte beeinflusst? Konnten sie sich in die Lage des Flüchtlings hineinversetzen?

Das Text-Adventure sowie weitere Anregungen und Hinweise zur Reflexion findest du auf der Jahresaktions-Webseite: www.bit.ly/ja15_text

Altersgruppe: Wölflingsstufe, Jungpfadfinderstufe
Gruppengröße: 1 bis 15 Personen
Material: ausgedrucktes Text-Adventure
Dauer: ca. 1 Stunde
Ort: draußen oder drinnen
 

Offline Serious Game

Wie fühlt es sich an, Asylsuchender in Deutschland zu sein? Welche Schwierigkeiten gibt es? Was hat es mit dem Asylinterview auf sich? Tauche ein in die Rolle eines Flüchtlings und finde die Antworten auf diese Fragen, indem du mit deiner Gruppe das Offline Serious Game spielst!

Jede Spielerin und jeder Spieler schlüpft zu Anfang in eine Rolle. Es gibt Flüchtlinge, eine Asylbehörde und eine Beratungsstelle für Asylsuchende. Jede Rolle verfolgt im Spiel unterschiedliche Interessen und Ziele, die jedoch nur den Spielerinnen und Spielern selbst bekannt sind. Auch zu unvorhergesehenen Ereignissen kann es kommen. Vielleicht gibt es ja eine Razzia in der Asylunterkunft? Oder gar eine Abschiebung? Lasst euch überraschen! Mitmachen ist einfach! Das Spiel könnt ihr ohne Vorwissen in einer Gruppenstunde, auf einem Leiterinnen- und Leiterwochenende oder auch auf beliebigen anderen Veranstaltungen durchführen. Ihr braucht nur ein wenig Platz, etwas Zeit und einen Drucker, um das Spielmaterial vorab auf Papier zu bringen. Das restliche Material liegt vermutlich sowieso in euren Gruppenräumen.

Das Spielmaterial inklusive Anleitung, Rollenbeschreibungen und Hinweisen zur Reflexion des Spiels findet ihr unter www.bit.ly/ja15_game

Wenn ihr das Offline Serious Game gespielt habt, freuen wir uns über eure Kommentare zum Spiel auf der Jahresaktions- Webseite oder unter www.facebook.com/jahresaktion

 

 

Zurück