Ob auf Festivals, Jugendfreizeiten oder politischen Veranstaltungen – Awareness-Teams sind heute kaum noch wegzudenken. Ihre Präsenz signalisiert: Hier wird aktiv für einen respektvollen, grenzachtenden Umgang gesorgt. Awareness Arbeit steht für mehr als nur das Bereitstellen eines Rückzugsraums oder das Eingreifen im Notfall – es ist Ausdruck einer Haltung, die von Respekt, Sensibilität und Verantwortung geprägt ist. Und genau das macht Awareness-Arbeit in der Jugendarbeit so bedeutsam.
Trotz der zunehmenden Verankerung von Awareness-Strukturen gibt es auch kritische Stimmen. Der Vorwurf: Awareness sei bloß ein vorübergehender Trend, ein Modebegriff, der bald wieder verschwindet – schnell ersetzt durch den nächsten gesellschaftlichen Hype. Zudem wird kritisiert, dass Veranstalter*innen das Thema vor allem aus Imagegründen aufgreifen, um sich ein progressives, verantwortungsbewusstes Label zu geben – ohne tiefere Auseinandersetzung.
Diese Kritik ist nicht unbegründet. Denn ja, es gibt Fälle, in denen „Awareness“ eher als Marketinginstrument verwendet wird. Doch diese Einzelfälle dürfen nicht den Blick auf das Wesentliche verstellen: Awareness ist keine kurzfristige Erscheinung, sondern eine notwendige Entwicklung, die auf die realen Bedürfnisse von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen reagiert.
Awareness-Arbeit ist für uns kein kurzfristiger Trend, sondern Ausdruck unseres pfadfinderischen Selbstverständnisses. Bei der DPSG stehen wir für Zusammenhalt, Respekt, persönliche Entwicklung und gelebte Verantwortung. Wir glauben daran, dass jede*r mit eigenen Stärken zur Gemeinschaft beiträgt und sich in einem wertschätzenden Umfeld weiterentwickeln kann. Awareness Arbeit heißt für uns, genau das im Alltag umzusetzen – durch achtsames Zuhören, sichere Räume und ein respektvolles Miteinander.
Wir verstehen Awareness Arbeit außerdem als Ausdruck der persönlichen Haltung. Sie beginnt mit der Bereitschaft, sich ehrlich mit Themen wie Macht, Privilegien und Diskriminierung auseinanderzusetzen – nicht nur theoretisch, sondern ganz konkret in unseren Strukturen und unserem Handeln.
Awareness-Arbeit will langfristig verändern– indem sie aufmerksam macht, schützt und neue Denk- und Handlungsräume eröffnet. Das kann unbequem sein, weil es bedeutet, Bestehendes zu hinterfragen und Verantwortung zu übernehmen – auch dort, wo es bislang vielleicht unbemerkt geblieben ist.
Diese Haltung fordert Konsequenz: nicht nur im Konzept, sondern im täglichen Miteinander. In unserem Verhalten – und besonders in der Sprache. Denn: Sprache schafft Wirklichkeit. Sie kann ausgrenzen oder einladen, verletzen oder stärken. Deshalb ist ein sensibler und bewusster Umgang mit Sprache ein zentraler Teil von Awareness – und ein wirksamer Schritt zu mehr Gerechtigkeit und Respekt im Zusammenleben.
Vor etwa drei Jahren wurde auf Bundesebene die Schutzhütte als Awareness-Team ins Leben gerufen – ein Projekt, das wir auf Diözesanebene aufgegriffen haben. Gemeinsam haben wir das Konzept für unsere Veranstaltungen angepasst und aufgebaut – mit dem Ziel, jede Veranstaltung auf Diözesanebene durch die Schutzhütte begleiten zu können.
Die Resonanz der letzten zwei Jahre ist durchweg positiv: Wir erfahren große Wertschätzung für unsere Arbeit, viele Menschen begegnen uns mit Dankbarkeit und echtem Support. Das zeigt uns: Awareness wird gebraucht – nicht als Etikett, sondern als konkrete, unterstützende Struktur.
Eine besondere Erinnerung die es sich zu teilen lohnt: Beim Wölflings-Lager im letzten Jahr waren wir mit der Schutzhütte in einer Jurte präsent – ein gemütlicher, offener Raum, bewusst ruhig gestaltet. Eines Morgens saß ein Kind am Eingang, telefonierte mit seiner Mutter und sagte begeistert: „Mama, das ist so cool, hier ist ein Ort, da ist es so richtig ruhig und entspannt, da kann man einfach so immer rein, wenn man eine Pause braucht.“
Diese Rückmeldung war nicht nur berührend, sondern auch eine Bestätigung für das, was wir mit der Schutzhütte erreichen möchten: einen Ort schaffen, der Sicherheit gibt, der ohne Hürde zugänglich ist und der nicht erst im Krisenfall, sondern jederzeit offensteht – auch um einfach mal durchzuatmen.
Das Beispiel zeigt auch, dass unsere Arbeit Menschen aller Altersstufen anspricht und bereichern kann. Auf den Veranstaltungen, bei denen wir mit der Schutzhütte präsent waren, sind wir mit ganz unterschiedlichen Menschen ins Gespräch gekommen – mit Kindern, Jugendlichen und Leitenden. Die Offenheit, das Interesse und die Wertschätzung, die uns dabei begegnet sind, haben uns unheimlich erfreut.
Solche Momente machen für uns den Wert der Awareness-Arbeit greifbar. Sie bestärken uns darin, weiterzumachen, das Konzept weiterzuentwickeln – und Räume zu schaffen, die Menschen unabhängig von Alter, Rolle, Geschlecht oder Situation zur Verfügung stehen.
Wir möchten weiterwachsen – und freuen uns über neue Menschen, die sich für Awareness-Arbeit begeistern. Wenn du Interesse an der Schutzhütte hast, bist du herzlich eingeladen, Teil unseres Teams zu werden!
Du musst keine besonderen Vorkenntnisse in Gesprächsführung oder ähnlichen Bereichen mitbringen. Solche Fähigkeiten sind hilfreich, lassen sich aber auch gemeinsam in der Praxis und durch Fortbildungen entwickeln. Viel wichtiger ist uns deine persönliche Haltung: Achtsamkeit, Offenheit, Sensibilität – und der Wunsch, Verantwortung für ein respektvolles Miteinander zu übernehmen.
Melde dich gerne bei uns unter: schutzhuette@dpsg-muenster.de
Awareness ist mehr als ein Trend. In der Jugendarbeit ist sie ein elementarer Bestandteil professionellen Handelns – eine Haltung, die zeigt: Wir nehmen die Bedürfnisse und Grenzen der Kinder, Jugendlichen und junger Menschen ernst. Wir wollen Räume gestalten, in denen sich alle sicher und respektiert fühlen können. Und wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen – nicht nur dann, wenn es bequem ist, sondern auch dann, wenn es Arbeit bedeutet.
Denn echte Veränderung beginnt nicht mit einem Hashtag, sondern mit der persönlichen Haltung.
Bild: Andreas Krüskemper