“Warum brauchen wir eine Arbeitsgruppe zu Geschlechtergerechtigkeit und sexueller Vielfalt?”.
“Das ist doch gar kein Problem bei uns im Verband.”
“Das betrifft doch sowieso nur eine kleine Minderheit.”
Solche oder ähnliche Aussagen haben wir immer wieder von anderen Pfadfinder*innen gehört. Diese Aussagen treffen aber auch, unserer Meinung nach, einen der wichtigsten Punkte, warum bei uns in der DPSG diese Themen wichtig sind: Mangelnde Sichtbarkeit und mangelnde Sensibilisierung dem Thema gegenüber.
Ja, bei uns in der DPSG gibt es nur sehr wenig direkten Sexismus, direkte Queerfeindlichkeit oder andere Diskriminierung. Auf der anderen Seite, wenn wir an unsere eigene Zeit bei der DPSG zurückdenken, ist aber auch sexuelle Vielfalt nie ein Thema gewesen, über geschlechtergerechte Sprache wurde oft nur gemeckert, und sehr schnell wieder in Geschlechterklischees gedacht. Als queere Jugendliche hat man sich oft alleine gefühlt.
Darum ist es wichtig, dass sexuelle und geschlechtliche Vielfalt, nicht als Fußnote unter den Tisch gekehrt wird, sondern sichtbar einen Platz bei uns im Verband findet. Damit wir als DPSG zu einem Ort werden, wo sich jede*r willkommen fühlt, so wie man ist, ohne sich verstecken oder verstellen zu müssen. Und dazu gehört natürlich auch Geschlechtergerechtigkeit. Und das betrifft alle bei uns im Verband. Auch wenn wir in der DPSG wenig offenen Sexismus erleben, passiert es doch schnell, dass man beim Denken und Handeln in Geschlechterklischees und Geschlechterrollen verfällt. Um in unserem Diözesanverband zu sexueller und geschlechtlicher Vielfalt aufzuklären und gegen Diskriminierung vorzugehen, haben wir als AG Regenbogen verschiedene Dinge umgesetzt.
Bei größeren diözesanen Veranstaltungen wie den Diözesankonferenzen und der Diözesanversammlung haben wir Workshops und Studienteile angeboten, in denen wir zu den Themen Geschlechtergerechtigkeit, sexuelle und geschlechtliche Vielfalt aufgeklärt und sensibilisiert haben. Dabei haben wir Methoden vorgestellt, sind in offene Gespräche gekommen und haben auch weiterführende Informationen ausgegeben. Auch der Baustein 2b: geschlechtsbewusste Gruppenarbeit hat unsere Handschrift bekommen durch verschiedene Methoden, die sich kritisch mit heterosexuellen und cis-geschlechtlichen Normen auseinandersetzen.
Ein weiteres von uns gesetztes Zeichen ist die Teilnahme am Kölner CSD, einer der größten Demonstrationen für die Rechte der queeren Community. Mit einer großen gemeinsamen Gruppe der DPSG aus NRW gemeinsam mit dem BDKJ setzen wir als Verband zum einen natürlich nach innen ein Signal der Offenheit und Sichtbarkeit, aber präsentieren uns auch nach außen als ein offener und vielfältiger Verband. Im Jahr 2022 ist gemeinsam mit der AG Queer des DV Aachen ein Wochenende Bildungsprogramm um den CSD herum geplant.
Ein dritter Bereich unserer Aktivitäten sind die kleineren Dinge: wir haben einen Beschluss zur Nutzung des Gendersterns angeregt, auf Namensschildern geben Menschen jetzt auch ihre Pronomen an, unsere Regenbogenhalstücher sind immer öfter zu sehen in der DPSG und geschlechtliche Zuschreibungen werden weniger. In der Zukunft ist noch viel zu tun, und damit verbinden wir auch eine strukturelle Weiterentwicklung. Voraussichtlich wird der Arbeitsbereich sexuelle und geschlechtliche Vielfalt im DV Köln ab 2022 Teil des Fachbereiches Inklusion werden und vom Facharbeitskreis Inklusion bearbeitet, gemeinsam mit anderen Themen der Antidiskriminierungsarbeit. Damit wollen wir der Intersektionalität von gesellschaftlicher Benachteiligung gerechter werden.
Diskriminierung = Benachteiligung, Abwertung, Verletzung und Unterdrückung von Personengruppen auf Basis wesentlicher Merkmale, die in einem ungleichen gesellschaftlichen Machtverhältnis stattfindet
Queer = Bezeichnung für Menschen, die nicht heterosexuell und cis-geschlechtlich sind, Überbegriff für die LGBTQIA*-Community
LGBTQIA* = lesbische, gay (schwule), bisexuelle, trans*, queere, inter*, asexuelle und weitere queere Identitäten
Sexismus = Diskriminierung einer Person oder einer Gruppe aufgrund des Geschlechts
Queerfeindlichkeit = Diskriminierung und Anfeindung von queeren oder als queer gelesenen Personen, veraltet auch Homophobie
heterosexuell = Liebe und Sexualität zwischen Männern und Frauen
Cis-Geschlechtlichkeit = Übereinstimmung der Geschlechtsidentität mit dem bei der Geburt anhand der Genitalien festgelegten Geschlecht, Gegenteil von trans*-geschlechtlich
CSD = Christopher Street Day, Name von vielen Demonstrationen für queere Rechte Intersektional = die Überschneidung und Gleichzeitigkeit verschiedener Diskriminierungsformen und Minderheitenzugehörigkeiten bedenkend
Foto: Ina Neumann