Spätestens seit der Corona-Pandemie hat die Digitalisierung auch die Pfadfinderarbeit erreicht. Online-Gruppenstunden, StaVo-Runden und Aktionen wie iScout sind mittlerweile Alltag (Zugegeben, iScout gab es auch schon vorher). Digitalisierung bedeutet heute viel mehr als nur das Einlesen alter VHS-Kassetten; es geht um die digitale Transformation und deren Auswirkungen auf unser Zusammenleben. Dass dadurch neue Möglichkeiten, aber auch ungeahnte Herausforderungen entstehen, ist euch, den Leser*innen eines online-Magazins vermutlich klar. Im Folgenden Artikel haben wir ein paar digitale Möglichkeiten gesammelt, die ihr bei der Planung und Durchführung eurer Lager verwenden könnt.
Fangen wir vor dem Lager an; Angebote einholen, Materiallisten überprüfen und die Kommunikation in der Leiterrunde, bzw. im Vorbereitungskreis. Die Planung eines Zeltlagers verläuft häufig asynchron, also nicht für alle zur gleichen Zeit am gleichen Ort.
Für die Planung eines Zeltlagers sind digitale Werkzeuge wie Notion und eCamp3 hilfreich. Notion unterstützt bei der strukturierten Planung von Aufgaben, Packlisten und Abläufen. eCamp3, entwickelt von Schweizer Pfadfindern, bietet Funktionen wie Kalenderansichten, Materiallisten und Vorlagen für Aktivitäten.
In diesem Artikel findest du weitere spannende Tools für die Pfadfinderarbeit.
Verfügbar als App, PC-Software und Webapp ist Notion eine Mischung aus Datenbank, Notiz- und To-Do-App und Plattform zur Zusammenarbeit. Ein Thema kann auf einer Seite zusammenfassend beschrieben oder auf mehrere Unterseiten und Datenbanken verteilt werden.
Notion wird bei uns nicht nur für die Lager eingesetzt, sondern bildet auch im Rest des Jahres die Grundlage für die Vorstandsarbeit. Obwohl ein Basis-Account kostenlos ist, ist die Einstiegshürde aufgrund der teilweise komplexen Funktionen und weitreichenden Einsatzmöglichkeiten relativ hoch.
Auch für die Detailplanung des Programms gibt es mittlerweile digitale Unterstützung. In diesem Bereich zeigt sich die Schweizer Pfadibewegung als Innovationstreiber: Ein sechsköpfiges Team aus ehrenamtlichen Schweizer Pfadfindern steckt hinter eCamp3, einem Werkzeug zur Planung des Programms von Zeltlagern und Kursen. Es bietet Funktionen wie eine Kalenderansicht, Materiallisten und ein Vorlagensystem für die verschiedenen Aktivitäten während eines Lagers.
In meinem Stamm haben wir eCamp3 2024 zum ersten Mal eingesetzt. Die Programm-Gruppe hatte eine Grobplanung in eCamp3 festgehalten, dann haben wir die einzelnen Aktivitäten untereinander aufgeteilt. Aufgrund der positiven Erfahrungen werden wir voraussichtlich auch in diesem Jahr auf eCamp3 bauen.
Auch vor Ort können digitale Werkzeuge sinnvoll sein, jedoch sollte man immer eine analoge Alternative bereithalten. eCamp3 ermöglicht das Ausdrucken von Dokumenten, auch um die Nutzung von Smartphones zu minimieren. Ein hybrider Ansatz, also eine Mischung aus Papier und digital, kann dennoch Zeit und Papier sparen.
Natürlich gilt bei allem der Wunsch nach Bürokratieabbau und der Reduktion des Papiervolumens – Dieser kann durch den Einsatz einer hybriden Lösung zu großen Teilen erfüllt werden. Dabei ist das Ziel des Notfallumschlages recht einfach zusammengefasst: die Sorgeberechtigten der Teilnehmenden geben persönliche Daten und weitere Angaben ab. Diese gehen in Form eines mehrseitigen Formulars an die Lagerleitung und können im Notfall wichtige Zeit sparen. Denkbar ist es hier beispielsweise, einen digitalen Fragebogen einzusetzen und die Antworten komprimiert in Papierform zusammenzufassen. Dies birgt auch den Vorteil, dass wichtige Fragen schon im Vorfeld des Lagers anhand der eingesendeten Daten beantwortet werden können:
Mein Heimatstamm arbeitet seit 2023 mit einer solchen hybriden Lösung. Die Eltern geben dort die Daten digital ein, und erhalten eine Zusammenfassung, die sie unterschrieben und vor der Abfahrt abgeben. Dadurch sparen wir Zeit und Papier und können uns besser auf das Lager vorbereiten.
Ein rein digitaler Ansatz birgt wie schon erwähnt einige Nachteile, die im Pfadfinderkontext nicht außer Acht gelassen werden sollten. Zum einen ist die Ausfallsicherheit ein kritischer Punkt: Technische Probleme wie leere Batterien, fehlender Empfang oder Systemausfälle können zu Beeinträchtigungen führen.
Ein weiterer Aspekt, der beim Einsatz digitaler Dienstleistungen beachtet werden sollte, ist die Gefahr des Digitalzwangs. Laut dem Verein Digitalcourage e. V. liegt ein Risiko für Digitalzwang dann vor,
Es gibt diverse Gründe, von Digitalzwang betroffen zu sein: Psychische und körperliche Einschränkungen, fehlende Erfahrung im Umgang mit elektronischen Geräten, fehlende finanzielle Mittel oder schlicht die Abneigung gegenüber datenintensiven Diensten und den damit verbundenen Unternehmen.
Was bedeutet das für die Praxis? – Teil der oben beschriebenen hybriden Lösung für den Notfallumschlag ist die Möglichkeit, den Notfallumschlag als PDF-Datei oder rein in Papierform zu verwenden. Dadurch ist niemand auf unseren digitalen Dienst angewiesen.
Weitere Informationen zum Thema Digitalzwang und einer Petition zum „Recht auf Leben ohne Digitalzwang findet sich auf digitalcourage.de/digitalzwang
Alles in allem: Nicht übertreiben. Durch die digitale Transformation kann an vielen Stellen Zeit und Papier eingespart werden, jedoch sollen Pfadfinder*innenlager auch eine Auszeit von der digitalen Welt bieten und den Fokus auf persönliche Interaktionen, das Miteinander und die Natur legen. Daher ist es wichtig, stets einen Mittelweg zwischen digitalen, analogen oder hybriden Alternativen zu finden, um sicherzustellen, dass das Lager auch ohne digitale Hilfsmittel reibungslos ablaufen kann.
Übrigens: Bis zum 30.04.25 können sich Stämme des DV Münster die Kosten für das Verwaltungstool Campflow erstatten lassen. Hier erfährst du mehr!
Bilder: Simon Wessel, Jonah Wille