Du hattest Bock auf think.tent, aber deine Gründe fernzubleiben waren einfach zu triftig? Das Miteinander können wir hier nicht ersetzen. Aber ein bisschen Workshop-Wissen können wir auch hier vermitteln: Ich habe drei Workshops besucht, um auch dir ein paar Take-Aways für deine Gruppenstunden und den Lageralltag mitzugeben.
(mit Annemarie Sauer, Atem-, Sprech- und Stimmtrainerin)
Egal ob am Lagerfeuer, beim Anleiten von Spielen im Lager oder um sich in der Gruppenstunde Gehör zu verschaffen: Unsere Stimme ist unser wichtigstes Werkzeug in der Gruppe. Grund genug, sich mal mit ihr auseinanderzusetzen. Wenn wir uns mit der Stimme beschäftigen, sind drei Dinge wichtig: Der Körper, die Atmung und die Stimme selbst.
Der Körper
Unser Körper ist unser Instrument und für den Klang mitverantwortlich. Wir brauchen ihn, um Töne zu erzeugen. Sind Körper und Stimme nicht im Gleichgewicht, wirkt sich das aufeinander aus. Deswegen lohnt es sich, die Eigenwahrnehmung des Körpers zu schulen.
Dabei hilft eine Reise durch den Körper von den Füßen hin zum Kopf. Schließe deine Augen und gehe dabei jedes Körperteil durch und frage dich: Wie fühlt es sich an? Ist es angespannt oder locker? Wie ist das Gewicht auf den Füßen verteilt? Auf welchem Fuß stehst du? In welche Richtung kippt das Becken? Ist der Bauch eingezogen oder hängt er? Spürst du Atembewegungen? Wie sitzt der Kopf auf der Wirbelsäule? Ist er leicht oder schwer?
Eine gute Grundlage für die physiologische Stimmbildung bildet der Bodenkontakt mit den Füßen und ein hüftbreiter, lockerer Stand. Auch die Spannung im Körper hat Einfluss: Fehlt Haltung, muss dies mit der Stimme kompensiert werden. Hierbei hilft es, den Körper ein oder zwei Mal abzuklopfen.
Die Atmung
In der Atmung wird zwischen Ruhe- und Leistungsatmung unterschieden. Die Ruheatmung geschieht durch die Nase. Sie wärmt die Luft und ist zeitgleich Reinigung und Filter. Sie benötigt mehr Zwerchfell. Die Leistungsatmung geschieht durch den Mund. Für eine gute Atmung – und damit auch gute Stimme – braucht es ein trainiertes Zwerchfell.
Übung: Wo nimmst du deine Atmung wahr? Lege dazu deine Hände auf den Brustkorb und fühle nach, wie er sich bewegt. Wo spürst du sie am meisten?
Wir machen im Alltag selten Pausen – das spiegelt sich auch in der Atmung wieder. Neben dem Ein- und Ausatmen braucht es auch dabei Pausen. Teilt man die Atmung in Phasen, so folgt nach dem Einatmen eine Pause, darauf das Ausatmen und eine weitere Pause. Diese Ruhepositionen sind notwendig, um die Muskeln mit Nährstoffen zu versorgen. Wann hast du zuletzt richtig geatmet?
Versammlungstipp: Aufrecht sitzen.
Stimme
Wenn wir sprechen beeinflussen zwei Faktoren unsere Stimme: Die Lautstärke und Tonhöhe. Bei zunehmender Stimmlautstärke verändert sich auch der Tonhöhenbereich, da dieser sich so anpasst, dass es am wenigsten anstrengend ist. Unsere ökonomische Stimmlage ist die mittlere Sprechstimmlage. Was also tun, wenn wir im Lager mal wieder alle Ohren erreichen müssen?
Hilfreich sind vor allem mehr Resonanz und Volumen. Dies erreicht man mit zunehmender Kieferweite: Wir müssen die Zähne auseinanderbekommen. Hier kann eine Kiefermassage oder -übung schnell erste Hilfe leisten.
Generell gilt: Die Sprechstimmhöhe muss tiefer werden. Es hilft auch ein Bewusstsein über die eigene Stimmlage zu bekommen. Wenn wir sprechen, sollte dies nicht aus dem Hals kommen, sondern aus dem Rücken. Das gelingt, wenn wir die Kraftverlagerung währenddessen auf den Körper legen. Dazu gibt es ebenfalls weiterführende Aufgaben zur Unterstützung. Es braucht jedoch Zeit, der Transfer in den Alltag erfordert Übung.
(mit Philipp Tessin, Dozent, Pflegedirektor und Lego Serious Play Facilitator)
Lego ist Kinderkram?! Nicht mit der Serious Play-Methode. Als Unterstützung in einem moderierten Prozess wird sie typischerweise in der Geschäftswelt eingesetzt. Mit ihr kann die Kommunikation verbessert und gute Lösungen gefunden werden. Oder um es mit Philipp Tessins Worten zu sagen: „Sie macht Dinge besprechbar, die man sonst nicht bespricht.“ Und das gilt auch im Gruppenstundenkontext: Mit einem Starterkit für jedes Kind lassen sich einfache Fragestellungen bearbeiten und bildlich umsetzen. Darüber hinaus braucht es Musik für die kurzen Bausessions und eine Übersicht über die passenden Übungen im entsprechenden Zeitrahmen.
Eine erste Übung zum Warmwerden: Baue einen Turm. In fünf Minuten. Einfach mal loslegen, warm werden. Dann wird darüber geredet: Jede *r stellt vor, was gebaut wurde. Das Abbauen erfolgt übrigens nur nach Ansage.
Die zweite Übung: Es wird etwas von einem Bild nachgebaut. In unserem Fall war das eine Schildkröte. Hier folgen nun Reflexionsfragen: „Was ist einfacher gewesen: Frei oder nach Anleitung? Was macht mehr Spaß? Was fällt dir spontan zur Schildkröte ein? Was verbindest du mit ihr?“
Es folgt die dritte Übung, nun mit Bezug zum Pfadfinderalltag: Was würdest du gern mal mit deiner Gruppe erleben? Neben der Vorstellung der einzelnen Bauwerke gibt es nun die Möglichkeit, auch weitere Fragen zu stellen, denn die Gebilde sind fantasiereich. Alles ist vielseitig interpretierbar: Was bedeutet der Stein? Warum ist die Blume ganz oben? Warum steht das Männchen außen vor? So wird vieles sichtbar.
Und zu guter Letzt ein Call-to-Action: Wie kannst du dafür sorgen, dass deine Erlebnis mit der Gruppe Wirklichkeit wird? Der Übertrag vom Bauwerk ins eigentliche Tun, das Visualisieren des Vorgehens. Was hindert vielleicht am Loslegen? Braucht es noch was um zur Tat zu schreiten oder kann es losgehen?
Das Schöne: Kinder brauchen im Gegensatz zu Erwachsenen nicht die Zeit, um Ideen zu spinnen – sie legen einfach los. Und das kannst auch du! Ein paar Startersets, zur Gruppe und dem Alter passende Fragen und dann kann es auch losgehen. Let’s play!
(mit Jonathan Teufel, Teamer im Gilwell)
In der Erlebnispädagogik ist das prägend, was uns als Pfadfinder*innen auszeichnet: Die Entwicklung persönlicher und sozialer Kompetenzen in der Natur. Jonathans Motto: Möglichst viel ausprobieren und machen, selbst erleben, wie Kinder in der Gruppe reagieren.
Das gelingt am besten, wenn die Gruppe immer wieder aus der Komfortzone in die Lernzone gebracht wird (Sichtwort: Lernzonen-Modell). Dabei geht es darum, im Spiel Wohlbefinden und Sicherheit hinter sich zu lassen und neue Herausforderungen zu meistern. So gelingt die Ausweiterung der Lernzone – auch Scheitern lernen gehört dazu.
Darüber hinaus spielt der Gruppenprozess eine wichtige Rolle. Die Teamphasen nach Tuckman helfen dabei einzuschätzen, wo sich die Gruppe mit ihrem Tun gerade befindet und es lässt sich einfacher auf die Bedarfe und persönlichen Bedürfnisse schließen. Wo ist die Gruppe? Was braucht die Gruppe gerade? Gegeben falls müssen Übungen und Spiele entsprechend angepasst werden. Das gilt insbesondere bei kognitiven oder körperlichen Beeinträchtigungen.
Der Schreilauf
Auf einer langen Fläche bekommt jede*r am Start die Chance so lange und weit zu laufen, wie geschrien werden kann. Ist die Stimme weg, wird es gelacht oder neu Luft geholt, muss stehen geblieben werden. Um niemanden umzurennen, positionieren sich die gelaufenen Schreier*innen am Rand. Die Übung ist vorbei, wenn alle sich ausgeschrien haben.
Ziel ist es, Schüchternheit zu überwinden und Mut aufzubauen. Voraussetzung: Vertrauen in der Gruppe. Nebeneffekt: Die Gruppe ist danach befreiter und entspannter.
Dreamteam
Die Gruppe überlegt sich Aufgaben, die sie bewältigen möchte. Für jede Aufgabe, hat sie eine Minute Zeit. Das können ein Rätsel sein, ein Bild unterschreiben, ein Lied zusammen singen, Witz erzählen oder 50 Liegestützen, und so weiter… wichtig ist, dass die Gruppe sic überlegt, wie viele Aufgaben sie insgesamt hintereinander bewältigen kann. Die Anzahl der Aufgaben bildet der Namen ab: Bei 44 Aufgaben in 44 Minuten ist die Gruppe das Dreamteam 44. Ziel ist es, alle Aufgaben in der vorgegebenen Zeit zu lösen und dem Namen gerecht zu werden.
Bilder: Christina Behrens