Als Pfadfinderinnen und Pfadfinder gehören wir schon zu einer ganz schön großen Gruppe, die ehrenamtlich gemeinsam aktiv ist. Der DPSG Bundesverband zählt mehr als 1200 Stämme und Siedlungen, in denen insgesamt rund 95.000 Menschen aktiv sind. Damit ist die DPSG einer der größten Kinder und Jugendverbände in Deutschland. Schauen wir aber einmal über unseren Tellerrand, stellen wir fest, dass ehrenamtliches Engagement sehr viel größer und vielseitiger ist. Es reicht von Menschen, die in einem kleinen Dorf ehrenamtlich die alte Dorfkneipe weiter betreiben, damit es weiter einen Anlaufpunkt für die Gemeinschaft gibt, über Trainer*innen in Sportvereinen bis hin zu politischer Mitgestaltung in verschiedenen Gremien. Insgesamt engagierten sich in Deutschland im Jahr 2017 31 Millionen Menschen ehrenamtlich. Ihr Engagement haben sie zum absoluten Großteil in Vereinen und gemeinnützigen Organisationen erbracht. 2017 wurden 635.000 gemeinnützige Organisationen erfasst. Hierzu gehören Vereine, Stiftungen und weitere Rechtsformen, in denen Engagement organisiert sein kann. Zunehmend steigt aber auch der Anteil an Menschen, die sich frei – ohne einen Träger – engagieren. (Stiftung Aktive Bürgerschaft)
Die Bereiche, in denen gesellschaftliches Engagement stattfindet, sind dabei ganz verschieden. Nach einer relativ alten Umfrage (2009) von Statista, sind von den ehrenamtlich Aktiven die meisten – mit 25% – in der Kinder- und Jugendarbeit aktiv. Darauf folgt „lokales“ Engagement sowie kirchliches Engagement auf den Plätzen zwei und drei. In Politik und Kultur waren bei dieser Umfrage die wenigsten ehrenamtlichen aktiv.
Jede Umfrage hat andere Maßstäbe und Kategorien. Im Ziviz-Survey, einer repräsentativen Befragung zur organisierten Zivilgesellschaft in Deutschland aus dem Jahr 2017 sind die meisten ehrenamtlichen Organisationen als Sportvereine verzeichnet. Darauf folgen Organisationen zur Bildung und Erziehung. Da es unabhängig vom Thema viele Vereine gibt, in den Erwachsene und Kinder aktiv sind, ist der hohe Anteil von Menschen, die auch angeben in der Kinder- und Jugendarbeit aktiv zu sein, sehr gut nachvollziehbar.
Ehrenamtliches Engagement ist kein neues Phänomen, doch die Themen der Vereine haben sich im Laufe der Zeit gewandelt. Vergleicht man die Gründungsjahre von Vereinen, haben die Bereiche „Sport“, „Freizeit/Geselligkeit“ und „Bevölkerungs-/Katastrophenschutz“ die längste Historie. Über die Hälfte der Vereine des Katastrophenschutzes wurden vor dem zweiten Weltkrieg gegründet, sodass der Gründungsdurchschnitt im Jahr 1953 liegt. In der Vereins- und Engagementlandschaft ist im Laufe der Zeit eine zunehmende Pluralisierung der Themenfelder zu beobachten. Mehr und immer spezifischere Vereine werden gegründet. Besonders viele neugegründete Vereine befassen sich mit den Themengebieten „Bildung/Erziehung“, „Internationale Solidarität“ sowie „Gemeinschaftliche Versorgungsaufgaben“. Der Durchschnitt der Vereinsgründungen in diesen Bereichen liegt um die Jahrtausendwende (2000). Es fällt schwer die Pfadfinderbewegung einer der Oberkategorien, die die Ziviz-Survey Studie aufführt, zuzuordnen. Von Freizeit/Gesellschaft über Umwelt/Naturschutz, Bildung/Erziehung bis zu Internationaler Solidarität sind pfadfinderische Werte und Ziele wiederzufinden. Vielleicht ist auch dieses breite Themenspektrum ein Grund, warum Pfadfinden auch heute noch so viele Menschen begeistert und zu ehrenamtlichen Engagement motivieren kann. (Ziviz-Survey 2017).
Der zeitliche Aufwand für das Ehrenamt ist ebenfalls unterschiedlich. Die meisten Engagierten (58,1%) investieren ein bis zwei Stunden die Woche in ein Ehrenamt. Drei bis fünf Stunden sind 23,8% aktiv. Mehr als sechs Stunden pro Woche geben 18,1% der Ehrenamtlichen für ihr Engagement. Das Engagement als Pfadfinderin oder Pfadfinder ist demnach überdurchschnittlich zeitintensiv. Bei der Umfrage zum Durchschnittspfadfindenden im DV Münster in der VZ Ausgabe 03/2014, haben Leiter*innen zwei Stunden wöchentlich für die Durchführung und Vorbereitung ihrer Gruppenstunde benötigt. Rechnet man noch die Zeiten für Leiterrunden, Lager, Aktionen oder Engagement in weiteren Ämtern der DPSG hinzu, liegen die meisten sicherlich bei durchschnittlich deutlich mehr Stunden in der Woche. (Stiftung Aktive Bürgerschaft) Die Gründe, warum Menschen in Ihrer Freizeit aktiv sind, lassen sich in vielen Fällen in zwei Hauptmotivationen zusammenfassen. Zum einen möchten viele Engagierte die Ziele und Werte des Vereins unterstützen. Auf der anderen Seite sind die sozialen Kontakte ein weiterer wichtiger Grund, warum sich Menschen engagieren. Der Kontakt und Austausch mit Gleichgesinnten und Teil einer Gemeinschaft zu werden, macht diesen Reiz aus. (Ziviz-Survey 2017).
Engagement ist räumlich verteilt: Besonders viele Organisationen finden sich in Ballungsräumen, dort wo viele Menschen leben. Spannend zu beobachten ist, dass dort, wo eine ältere Bevölkerungsstruktur herrscht, auch Vereine schon länger existieren. Somit sind Vereine auf dem Land älter und beschäftigen sich auch mit anderen Themen, als Vereine für junge Leute, die verstärkt in Städten zu finden sind. Auch hier ist die Pfadfinderei eine auffällige Ausnahme, die in Stadt und Land zu finden ist und nach wie vor verschiedene Altersschichten begeistert.
Grafiken: eulenblick