Gegen die Drachen unserer Zeit – ein Kommentar von Christian Schnaubelt

 Die Legende des Heiligen Georg hat mich schon als Wölfling fasziniert und begleitet mich noch bis heute. Im letzten Jahr hatte ich die Gelegenheit, mit der DPSG-Nahostgruppe, das Grab des […]

 
Die Legende des Heiligen Georg hat mich schon als Wölfling fasziniert und begleitet mich noch bis heute. Im letzten Jahr hatte ich die Gelegenheit, mit der DPSG-Nahostgruppe, das Grab des Heiligen Georg in Lod / Israel zu besuchen. Sicherlich hat mich zu der Zeit, als ich ein oranges Halstuch trug, die Geschichte vor allem wegen dem actionreichen Kampf zwischen dem Drachen und dem Ritter sowie der Rettung der holden Prinzessin begeistert. Und hätte es damals schon die Serie „Games of Thrones“ gegeben, hätten wir die Legende des Hl. Georg sicherlich als Pfadi / Rover noch mal etwas anders nachgespielt. Aber im Laufe der Jahre kristallisierte sich für mich heraus, dass mich eigentlich vor allem die Tatkraft und der Mut des Heiligen Georg inspiriert. Nicht lange debattieren, sondern aus der Überzeugung und dem Glauben handeln. Impulsiv und ohne Hintergedanken. Gerade auch, wenn die Situation ausweglos erscheint und alle Anderen sagen: „Das macht man so nicht“. Dieser Ansatz hat mein bisheriges „Pfadfinderleben“ begleitet, aber auch mein politisches Engagement.  

Apropos Überzeugung. Für mich als Georgspfadfinder war immer klar, dass rechte und populistische Meinungen mit den Idealen des Pfadfindertums nicht vereinbar sind. Mit den Bundesversammlungs-Beschlüssen „Wir sind bunt“ (2016) und „Pfadfinden ist politisch“ (2017) sowie der Kampagne „Gegen die Drachen unserer Zeit“ hat auch der DPSG-Bundesverband klargestellt, dass Pfadfinden für die Werte Vielfalt, Offenheit und Toleranz steht. Auch die kommende DPSG-Jahresaktion 2021 „Pfadfinderinnen und Pfadfinder sind MITTENdrin“ ruft dazu auf, dass wir als Pfadfinder*innen uns aktiv in die Politik und Gesellschaft einbringen: „Wir wollen für die Gemeinschaft, in der wir leben einstehen, sowie Wertschätzung und gegenseitiges Verständnis fördern.“ 

Verständnis und Toleranz hat aus meiner Sicht aber dann Grenzen, wenn die Regeln unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht akzeptiert werden. Schon während meines Studiums (Politik & Medien) war für mich Meinungsfreiheit immer eines der höchsten Güter. Vielleicht auch deshalb bin ich Journalist geworden. Aber ich musste schnell lernen, dass in der Geschichte leider immer wieder diese Freiheiten und die Toleranz der Gesellschaft ausgenutzt werden, um rechte Ideen und populistische Ideen (z.B. durch die AfD) zu postulieren. Teilweise offen und teilweise versteckt hinter Nadelstreifenanzügen und mit Mandaten in Landtagen oder im Bundestag ausgestattet. Trotzdem ändert dies nichts daran, dass die Ideen von vorgestern und auch heute brandgefährlich sind und unsere Demokratie auf eine Probe stellen.   
 
Der DPSG-Bezirk Niederrhein-Nord hat im Oktober einen Facebook-Post veröffentlicht, indem sich klar für Vielfalt und Offenheit bekannt und sich daher gegen den geplanten AfD-Parteitag auf Bezirksgebiet im November ausgesprochen wird. Schon vorher gab es beispielsweise am Niederrhein und in Münster Aktionen gegen Rechts und für eine bunte Gesellschaft. Diese Beispiele zeigen für mich gut, was es heißt als Pfadfinderin oder Pfadfinder politisch zu handeln.  

Es geht darum, die Werte und Grundpfeiler, die das internationale und interkonfessionelle Pfadfindertum ausmachen, hochzuhalten. Und dazu kann einerseits gehören – in Kluft – an Demonstrationen teilzunehmen und sich in demokratischen Parteien zu engagieren, aber anderseits auch gerade im Netz und den Social Media Flagge zu zeigen. Wir dürfen Populist*innen und Fake News nicht das Feld überlassen. In (virtuellen) Gruppenstunden und im Bündnis mit (kirchlichen) Akteur*innen können wir gemeinsam ein Bewusstsein schaffen und vor Ort aktiv werden.  

Nur so kann die heutige Generation von Wölflingen von uns Leiter*innen / Mitarbeiter*innen / Ehemaligen lernen, wie der Heilige Georg mutig „gegen die Drachen unserer Zeit“ anzukämpfen.  

Über den*die Autor*in

Christian Schnaubelt