Wenn wir als Stämme gute Jugendarbeit leisten wollen und damit auch zu einer guten Entwicklung der Kinder und Jugendlichen in unseren Gruppen beitragen wollen, brauchen wir Ressourcen. Natürlich zunächst gut ausgebildete Leiter*innen. Aber eben auch Gruppenräume, Material und Geld. Allerdings erleben wir aktuell immer wieder , dass uns die Räumlichkeiten, die uns bislang von Seiten der Kirche zur Verfügung gestellt wurden, zunehmend wegbrechen. Die Schaffung der pastoralen Räume sollte inzwischen zumindest bei einigen von uns angekommen sein – was für uns bedeutet, dass die Kirche beginnt, überall dort zu sparen, wo sie nur kann. Das betrifft auch uns und unsere Jugendarbeit. Wir sollten uns also, zumindest was die finanzielle Unterstützung angeht, nicht mehr nur auf die Kirche verlassen.
Außerdem leben wir in einer Realität, in der der Rechtsruck in unseren Dörfern, Gemeinden und Städten nicht Halt macht.
Es gibt einen Ort, an dem wir beides angehen können: Sowohl die Verteilung kommunaler Mittel als auch die Mitgestaltung der Demokratie vor Ort. Und das ist der Jugendhilfeausschuss.
Ich muss zugeben das ich den Jugendhilfeausschuss vor vier Monaten auch noch nicht wirklich auf dem Schirm hatte. Zum Glück wurde dieses Thema aber auf der Sitzung unseres Jugendwerks im Bezirk Niederrhein-Nord angesprochen – und dass es doch gut sei, wenn wir uns dort engagieren würden. Die Bedeutung dieses Gremiums für unsere Jugendarbeit wurde mir aber erst klar, nachdem ich mit Menschen gesprochen hatte, die sich im Ausschuss engagieren und nachdem ich ein Uni-Seminar dazu besucht habe.
Der JHA und die Verwaltung des Jugendamtes bilden zusammen das Jugendamt, weshalb es in Fachkreisen als „zweigliedriges Jugendamt“ bezeichnet wird. Im JHA wird zum einen darüber entschieden, wie die finanziellen Mittel, die zuvor im Haushalt geplant wurden, für die Kinder- und Jugendhilfe eingesetzt werden. Zum anderen werden dort Projekte der Kinder- und Jugendhilfe vorgestellt und die Maßgaben zur Förderung festgelegt – zum Beispiel, wie hoch die Tagespauschalen für eine Maßnahme sind. Kurz gesagt: Es ist ein Ausschuss, in dem es konkret um Geld geht – wer in der Kinder- und Jugendhilfe wie viel davon bekommt – und der auch Forderungen an den Stadtrat oder Kreistag stellen kann, falls die beschlossenen Mittel für die Kinder- und Jugendhilfe nicht ausreichen.
Das Gute daran: Der JHA besteht nicht nur aus Rats- oder Kreistagsmitgliedern (2/3), sondern auch die offenen und freien Träger der Jugendhilfe (1/3) sind dort stimmberechtigte und beratende Mitglieder. Wir als Jugendverband sind Teil dieser offenen und freien Träger. Somit können wir uns als stimmberechtigtes oder auch als beratendes Mitglied in diesem Ausschuss einbringen.
Ihr könnt damit zum einen für eine bessere finanzielle Unterstützung eurer Jugendarbeit sorgen – diese Unterstützung ist den Jugendverbänden übrigens gesetzlich zugesichert. Zum anderen habt ihr die Möglichkeit, die Interessen von Kindern und Jugendlichen zu vertreten – in einem Ausschuss, der meistens von älteren Menschen dominiert wird. Außerdem könnt ihr so sicherstellen, dass die Jugendverbandsarbeit auch in Zukunft finanziell abgesichert ist. Ihr wisst selbst, welchen Beitrag wir zur Kinder- und Jugendhilfelandschaft vor Ort leisten. Und zu guter Letzt – und vielleicht ist das wirklich einer der wichtigsten Punkte in Zeiten, in denen immer mehr an unserer Demokratie gesägt wird – könnt ihr so Demokratie praktisch leben, für unsere Werte einstehen und unsere Demokratie vor Ort in den Kommunen stärken.
Damit sich aber niemand im JHA wie ein Wölfling in der Stammesversammlung fühlt, gibt es verschiedene Netzwerkangebote. Zum einen könnt ihr nachschauen, wer in eurem Jugendhilfeausschuss sitzt und ob dort jemand für die Jugendverbände ein Stimmrecht hat. Das Vernetzen ist das A und O, in unserem Falle. Informationen darüber, wer in eurem Jugendhilfeausschuss sitzt, findet ihr im Ratsinformationssystem eures Kreises oder eurer Stadt, meist sogar mit den entsprechenden Kontaktdaten der einzelnen Personen. Also erkundigt euch und vernetzt euch mit der Person oder den für die Jugendverbänden gewählten Personen und erkundigt euch: Warum macht sie das? Wie versucht sie, die Interessen aller Jugendverbände vor Ort zu vertreten und ob es schon Netzwerkarbeit gibt? Möchte sie sich nochmal aufstellen lassen? Wenn ja, warum? Wenn nein, gibt es schon andere die an ihrer Stelle kandidieren? Wenn ihr dabei Hilfestellungen braucht, findet ihr hier Infomaterial, wie ihr mit Menschen in der Politik sinnvoll in Kontakt treten könnt.
Vernetzt euch mit den Stämmen, die zu eurem Jugendamtsbezirk gehören, und überlegt, ob ihr euch dort gemeinsam positionieren wollt. Um im JHA gewählt zu werden, müsst ihr zu zweit sein, da ihr immer eine Stellvertretung braucht, die im Zweifel euer Stimmrecht übernehmen kann, falls ihr mal bei einer Sitzung fehlt. Nutzt hierfür auch die Möglichkeit euch unterstützen zu lassen von den Menschen, die gerade noch in eurem JHA für die Jugendverbände sitzen. Und denkt auch über den Horizont der DPSG hinaus, Jugendverbandsarbeit ist nicht nur Pfadfinderei.
Die Landesarbeitsgemeinschaft Jugendringe NRW veranstaltet aktuell eine Crashkursreihe zum Thema kommunale Jugendpolitik. In dieser Reihe gibt es auch einen Kurs zum Thema: „Neu hier? Das 1×1 der Jugendhilfeausschüsse“. Der BDKJ Münster ist für uns ebenfalls ein guter Ansprechpartner und es gibt weitere Pfadfinder*innen, die sich bereits in Jugendhilfeausschüssen engagieren und damit eine gute Anlaufstelle sein können. Lasst uns also gemeinsam etwas verändern, unsere Demokratie stärken und die finanzielle Grundlage für unsere Kinder- und Jugendarbeit sichern!