Kinder stehen vor einem Plakat mit Sommerlager-Regeln

Lagerregeln – Sicherheit und Schutz im Zeltlager 

Damit ein Sommerlager zu einer tollen Erfahrung wird, brauchen Kinder und Jugendliche nicht nur Abenteuer und Freiräume, sondern auch Sicherheit und Schutz. Sinnvolle Lagerregeln schaffen die Basis dafür.  

Das Sommerlager ist für viele Kinder und Jugendliche das Highlight des Jahres: Abenteuer, Zeit mit Freund*innen, Lagerfeuerromantik und das Gefühl von Freiheit in der Natur. Doch so sehr die Unbeschwertheit und Freiheit im Vordergrund steht, darf dies niemals auf Kosten der Sicherheit und des Schutzes gehen. Gerade in der besonderen Umgebung eines Lagers, in dem Kinder in Zelten schlafen, fernab ihrer gewohnten Strukturen sind und viele neue Eindrücke auf sie einprasseln, ist es entscheidend, durch klare Regeln und Strukturen einen sicheren Rahmen zu schaffen. 

In einem Sommerlager soll es nicht darum gehen, möglichst viele Regeln aufzustellen, sondern Regeln, die Kinder und Jugendliche schützen. Es geht dabei nicht nur um offensichtliche Gefahrenquellen wie medizinische Notfälle, sondern auch um sensiblere Themen wie Privatsphäre, Intimsphäre und ein respektvolles Miteinander. Lagerregeln sollen Orientierung, Klarheit und Schutz bieten. Besonders für jüngere Kinder ist es wichtig zu wissen, was erlaubt ist und was nicht.  

Transparenz von Anfang an 

Regeln sind nur wirksam, wenn sie bekannt sind und eingehalten werden. Deshalb sollten sie gleich zu Beginn des Lagers gemeinsam besprochen werden, auch wenn viele Kinder, Jugendliche und auch Leitende sie bereits kennen. Die Wiederholung hilft ein Bewusstsein zu schaffen und zu sensibilisieren. Die wichtigsten Regeln dürfen auch nicht beliebig oder verhandelbar sein, trotzdem bei Bedarf nachsteuerbar.

Auch Konsequenzen bei Regelverstößen sollten klar kommuniziert werden, vor allem, wenn die Bedürfnisse oder Grenzen anderer Kinder oder Jugendliche verletzt werden. Konkret formulierte Regeln können vor Ort am besten als laminiertes Plakat ausgehängt werden. Dadurch sind sie im Lageralltag für alle Anwesenden sichtbar und bleiben präsent. 

Privatsphäre beim Duschen und Umziehen 

Ein sensibles Thema im Lageralltag ist die Körperhygiene: Duschen und Umziehen sind Alltagssituationen, die aber gerade für Kinder und Jugendliche in der Gruppe mit Unsicherheiten verbunden sein können. Wer sich unwohl fühlt, braucht Optionen und auch Zeit dafür. 

Es kann beispielsweise eine Option sein, dass nicht alle Kinder und Jugendlichen sich gleichzeitig in ihrem Zelt umziehen, sondern die Zeit gegeben wird sich (in kleineren Gruppen) nacheinander umzuziehen oder mehr Zeit im Waschhaus eingeplant wird.  

Im Waschhaus sollten lieber, wenn vorhanden, Kabinen- statt Sammelduschen genutzt werden. Falls dies nicht möglich ist, sollte auf „Wohlfühl“-Gruppen geachtet werden, die möglichst altershomogen sind. Zudem kann in Badeklamotten oder Unterwäsche geduscht werden, damit sich die Kinder wohler fühlen.  

Die Anwesenheit der Leitenden in Hör- und Rufweite, nicht aber in direkter Sichtnähe, gibt zusätzlich Sicherheit. Und nicht zuletzt ist es auch die Aufgabe der Leitenden, die sanitären Anlagen im Blick zu behalten und darauf zu achten, dass keine fremden Personen Zutritt haben, während die Kinder und Jugendlichen duschen. 

Zelte als Rückzugs- und Schutzraum 

Das eigene Zelt ist für die Zeit des Lagers mehr als nur ein Schlafplatz. Es ist Rückzugsort und Schutzraum zugleich. Klare Regeln helfen, dieses Sicherheitsgefühl zu stärken. Wer mit wem in welchem Zelt schläft, sollte im Vorfeld sorgfältig geplant sein. Dabei haben sich geschlechts- und stufengetrennte Zeltbelegungen bewährt, da sich die Kinder und Jugendlichen schon untereinander aus den Gruppenstunden kennen und so das Risiko von unerwünschten Situationen minimiert wird. Außerdem bietet eine Vereinbarung, dass nur das eigene Zelt betreten wird und fremde Zelte tabu sind, eine klare Richtlinie, die Missverständnisse vermeidet. 

Ein weiterer Aspekt ist das Betreten der Schlafzelte durch die Leitenden, wenn Hilfe benötigt wird (z.B. Ameisen im Zelt, verlorene Sachen, Heimweh). Dies sollte grundsätzlich nur von gleichgeschlechtlichen Leitenden erfolgen und es sollte vermieden werden, dass ein Kind oder Jugendlicher allein mit einem Leitenden sich im Zelt aufhält. Zudem sollten Leitende sich immer ankündigen bzw. nicht ungefragt ein Schlafzelt betreten. Dies führt zu Sicherheit auf Seite der Leitenden, wie zu Schutz für die Kinder und Jugendlichen.  

Auch wenn Smartphones und andere Endgeräte in vielen Lagern grundsätzlich verboten sind, kann es trotzdem wichtig sein, noch einmal das Recht am eigenen Bild zu erwähnen. Insbesondere sollte ein Schlafzelt ein Ort sein, an dem keine Fotos gemacht werden, ob gewollt oder im Scherz. Somit bleibt das Zelt in jedem Moment für alle Kinder und Jugendlichen ein privater Raum. 

Klicke hier, um mehr darüber zu erfahren, wie andere Stämme mit Smartphones im Zeltlager umgehen. 

Schlafenszeiten: Grundbedürfnis ernst nehmen 

Schlaf und Ruhe sind ebenso Grundbedürfnisse des Menschen, wie Schutz und Sicherheit. Kinder (und auch Jugendliche) brauchen ausreichend Ruhe, um sich von anstrengenden Lagertagen und vielen Eindrücken zu erholen. Deshalb sollten abends feste, altersgerechte Schlafenszeiten eingehalten werden. Diese können schon bei der Platzierung der Zelte berücksichtigt werden, damit Wölflinge, die als erstes schlafen nicht direkt neben den Aufenthaltszelten schlafen. Morgens sollte es so lange wie möglich ruhig bleiben, damit auch Langschläfer oder erschöpfte Teilnehmende genug Schlaf bekommen. Tagsüber können zusätzliche Ruhezeiten mit Rückzugsoptionen eingeplant werden. Dies kann insbesondere für Biber und Wölflinge hilfreich sein, um den Tag gut zu meistern. 

Sicher unterwegs – auch außerhalb des Zeltplatzes 

Verlässt eine Gruppe den Zeltplatz, gilt die Regel: Niemand geht allein oder trennt sich von seiner Gruppe. Die „Dreierregel“ ist bekannt und bewährt. Gerade für jüngere Kinder, die kein Handy dabeihaben, ist es wichtig, mindestens eine Notfallnummer eines Leitenden mit sich zu führen, die sie im Zweifel einem Erwachsenen zeigen können. Diese Nummer sollte immer erreichbar sein, wenn die Kinder nicht unter Aufsicht sind. Um Teilhabe für alle Kinder zu ermöglichen, bieten sich bei Spielen oder Erkundungstouren altersgemischte oder größere Gruppen an.  

Für den Fall der Fälle: Arzt- und Krankenhausbesuche 

Auch im besten Lager kann es vorkommen, dass ein Kind medizinisch versorgt werden muss. In solchen Situationen sind vertraute Personen von großer Bedeutung, vor allem für jüngere Kinder. Ideal ist es, wenn ein selbst gewählter, vertraute*r Leitende*r mitfährt und ggf. eine weitere Person des gleichen Geschlechts das Kind oder den Jugendlichen begleitet. Je nach Situation kann auch ein anderes Kind mitfahren, etwa ein Geschwisterkind oder ein*e Freund*in. Das hilft, Angst und Unsicherheit zu reduzieren. 

Aufsichtspflicht auch bei Nacht 

Gerade in der Nacht kommt dem Schutz und der Fürsorge eine besondere Bedeutung zu. Viele Kinder sind dann besonders ängstlich und trauen sich nicht über den Zeltplatz zu den sanitären Anlagen zu gehen oder bei Problemen allein am Leitendenzelt um Hilfe zu bitten.  

Zeltplatz bei Nacht mit einem Lagerfeuer und einem Zelt, in dem ein Licht brennt

Leitende, die eine Nachtwache übernehmen, können hier eine große Sicherheit bieten. Diese haben zum einen den Zeltplatz im Blick und schützen somit auch vor unerwünschten Gästen und zum anderen können sie auch nachts den Kindern und Jugendlichen Sicherheit bieten. Eine Nachtwache garantiert somit auch in der Nacht eine Aufsicht.  

Da eine Nachtwache aber auf Grund der Anzahl an Leitenden nicht immer möglich ist, können auch andere Optionen hilfreich sein. Zum Beispiel kann das „Toiletten-Buddy“-Prinzip am Anfang des Lagers eingeführt werden. Nach diesem Prinzip teilen sich die Kinder in Paaren auf. Ihren Buddy können die Kinder nachts wecken, wenn sie zur Toilette müssen, ein Problem auftritt oder ein Leitender gerufen werden soll. Dies garantiert, dass nicht alle Kinder in der Nacht geweckt werden, wenn Hilfe benötigt wird und zum anderen geht kein Kind alleine über den Zeltplatz in der Nacht, wo es sich beispielsweise unbemerkt verletzen könnte.  

Zudem ist es wichtig, den Kindern und Jugendlichen zu vermitteln, dass sie jederzeit das Leitendenzelt aufsuchen können, sollte es ein Problem geben. Hierbei sollte den Kindern und Jugendlichen nicht das Gefühl gegeben werden, dass sie nerven oder unerwünscht sind, auch wenn es sich um Kleinigkeiten handelt. Dies vermittelt den Kindern und Jugendlichen ebenfalls Sicherheit und stärkt das Vertrauen, sich auch in anderen Belangen an die Leitenden zu wenden.  

Des Weiteren ist sicherzustellen, dass alle Kinder und Zelte mit funktionierenden Taschen- oder Stirnlampen ausgestattet sind, um Stolperfallen aus dem Weg gehen zu können und die Orientierung sicherzustellen. 

Abenteuer in Sicherheit mit Lagerregeln

Ein Sommerlager ist ein großartiges Erlebnis für Kinder und Jugendliche – und so sollte es auch bleiben. Damit das gelingt, brauchen Kinder und Jugendliche nicht nur Abenteuer und Freiräume, sondern auch Sicherheit und Schutz. Ein sensibler Blick für die Bedürfnisse der Kinder und Jugendliche und die entsprechenden Lagerregeln schaffen die Basis dafür.  

Titelbild und weitere Bilder: Simon Wessel

Über den*die Autor*in

Sophie Aufderheide

Wölflingsleiterin und Stammeskuratin aus dem Bezirk Warendorf. Außerdem ist sie ausgebildete Erzieherin und studiert derzeit Soziale Arbeit.