Dass “mission green – nachhaltig Pfadfinden” auch eine spirituelle Dimension hat, scheint selbstverständlich zu sein. Nur welche? Da komme ich ins Grübeln, denn christliches Handeln scheint mir nicht selbsterklärend nachhaltig zu sein.
Es ist schon eine große Weile, fast Ewigkeit her. Ich war selbst zwischen Kind und Jugendlicher, da hatten wir an jeder Kirche in Recklinghausen blaue Fahnen mit der Aufschrift “Friede, Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung”. Die ersten ökologischen Parteien, besonders die Grünen zogen in die Parlamente und das Thema Umweltschutz war allgegenwärtig. Das hat viel verändert.
Ja und Nein. So antworten Theologen gerne – und Juristen.
In der Praxis werden wir die gleichen Dinge tun, ob nun von Umwelt oder Schöpfung sprechen. In der Haltung, Herangehensweise und Sicht ist es vielleicht etwas anders. Denn ein nachhaltiger Umgang mit der “Umwelt” bezeichnet ja zunächst einmal, dass nur oder höchstens so viel an Ressourcen verbraucht wird, wie nachwachsen und neu entstehen kann, um die wirtschaftlichen und ökologischen Lebensgrundlagen für die Zukunft zu sichern.
Die Rede von der “Schöpfung” hat eine andere Perspektive. Ich kann die Welt und mich als “Schöpfung” begreifen und sehe darin, dass mir etwas anvertraut ist, geschenkt, überlassen, um es zu nutzen und zu gestalten, zu bewahren und zu hüten. “Schöpfung” ist nie exklusiv, es meint immer ein größeres Ganzes. Wenn ich “mir anvertraut” formuliere, beziehe ich das in gleiche Weise auf jedes “vernunftbegabte Wesen” – und das scheinen die Menschen ja nicht exklusiv für sich beanspruchen zu können.
Papst Franziskus hat Umweltschutz in diesem Sinn als “Sorge um das gemeinsame Haus” bezeichnet. (Brief an die Welt “Laudato Si” – 2017). Von Schöpfung zu reden bedeutet: Die Erde ist Gottes Geschenk an uns, voller Schönheit und Wunder. Ihre Früchte gehören allen.
Aber wir müssen feststellen, dass unser gemeinsames Haus noch niemals so beschädigt worden ist wie in den letzten 200 Jahren. Wir haben die Erde behandelt, als ob Rohstoffe unerschöpflich vorhanden wären. Wir nehmen uns mehr, als uns bei der gerechten Verteilung der Güter auf alle Bewohner*innen unseres Planeten zusteht und verbrauchen auch noch das, was den Menschen und allen Lebewesen der Zukunft gehört. Wir haben die Erde ihrer Wälder beraubt und das Wasser im Boden und die Luft verschmutzt. Es ist alarmierend, wie viele Pflanzen und Tierarten ausgerottet werden.
Die Erde, Gottes gute Schöpfung ist unser Zuhause. Aber sie sieht immer mehr aus wie ein riesiger Dreckhaufen. Wir verbrauchen immer mehr fossile Treibstoffe, besonders Kohle, Öl und Gas, das beschleunigt den Klimawandel und ist eine der größten Herausforderung, der wir uns stellen müssen. Manche Menschen und Partei verleugnen diese Entwicklung und wollen in dieser egoistischen Weise einfach zu weitermachen. Das sind die Drachen in unserer Zeit, denen wir zu begegnen haben.
Der Klimawandel betrifft uns alle, aber es sind die armen Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika, die darunter am meisten zu leiden haben. Und auch die Menschen mit wenig Geld in unserem Land sind schon heute von klimatischen Veränderungen mehr betroffen als reichere. Wir sind schon wieder an einem kritischen Punkt angekommen, der die Zukunft unseres gemeinsamen Hauses bedroht, aber trotz der Krise scheint es so, als ob die Menschen hier bei uns in den reichen Ländern einfach so weitermachen wie bisher. So gibt es riesige Gräben zwischen den Reichen und Armen, die immer noch grösser werden. Die einen sind in Armut gefangen und haben wenige oder gar keine Ressourcen zur Verfügung, die anderen verbrauchen immer mehr und hinterlassen eine Spur von Müll und Zerstörung in unserer Welt.
Die erste Schöpfungserzählung am Beginn der Bibel ist Poesie, die vom guten Beginn singt. Wie ein Lied mit sieben Strophen wird von der Erstehung der Welt und vom Anfang gesungen. Der Text versteht sich nicht als naturwissenschaftlicher Bericht, sondern weist auf den guten Anfang hin. Das wird im Refrain deutlich – siebenmal: Gott sah … es war sehr gut! Von Perfektion wird nicht gesprochen. Aber vom guten Anfang, an dessen Gestaltung die Menschen beteiligt werden und der ihnen geschenkt wird.
“green mission – nachhaltig pfadfinden” bedeutet für mich mehr über unser Verhalten und die Möglichkeiten der Veränderung zum Guten zu lernen, klug zu leben, tiefer nachzudenken und großzügig zu lieben. Wir wollen an einer besseren Zukunft bauen, die die Umweltkrise und die Leiden der Armen ernst nimmt. Wir müssen sofort beginnen! Also lasst uns die Liebe zu unserer Welt und zu unserem nächsten in die Tat umsetzen. Beginnen wir in Harmonie zusammenzuleben, aufeinander zu hören, die Schöpfung zu bewahren und uns in Gesellschaft und Politik einzumischen. Wir müssen die Art und Weise wie wir leben und wirtschaften so verändern, dass wir auf den Schrei der Erde und den Schrei der Armen hören: Das bedeutet Umweltschutz – das bedeutet glaubwürdig “Bewahrung der Schöpfung”!
Andreas Naumann-Hinz, Diözesankurat