On A Mission – Scoutmission 

Guido Hügen OSB ist Benediktinermönch und Pfadfinder. 9 Jahre lang hat er die DPSG als Bundeskurat mitgestaltet. In diesem Artikel beschreibt er seinen Weg und seinen Blick auf unseren Verband. […]

Guido Hügen OSB ist Benediktinermönch und Pfadfinder. 9 Jahre lang hat er die DPSG als Bundeskurat mitgestaltet. In diesem Artikel beschreibt er seinen Weg und seinen Blick auf unseren Verband.

On A Mission 1 

Es ist lange her – aber es prägt mich bis heute. Vielleicht heute noch mehr als damals. Wir hatten ein Bezirkswochenende geplant, zu dem wir Menschen aus verschiedensten Ländern und Kulturen eingeladen haben, die bei uns leben. Sehr schnell bekamen wir heftige Drohungen der rechtsradikalen „Sauerländer Aktionsfront.“ Ich bin bis heute froh, dass wir vor diesem Druck nicht eingeknickt sind, dass wir von Polizei und Staatsschutz unterstützt, vor allem aber von den Stämmen, den Leiter*innen und den Eltern getragen ein wunderbar buntes Fest feiern konnten. Mit Essen und Trinken, tanzen und singen… 

Wir haben damals keine Demo gemacht – aber ich glaube, ein klares und deutliches Zeichen gesetzt: wir knicken nicht ein, lassen uns nicht drohen, stehen zu unserer Solidarität und Internationalität. Das durfte und darf ich in verschiedensten Facetten immer wieder in der DPSG erleben. Von der Hilfe vor Ort, als kurzfristig eine Flüchtlingsunterkunft eingerichtet werden musste, der Hilfe, als im Frühjahr die „Tafel“ nicht mehr öffnen konnte und ein Ersatz hermusste. Aber auch ein klares Anliegen, wo mit Kluft und Banner für Anliegen eingetreten worden ist: vom Umwelt- und Klimaschutz bis zum Christopher Street Day. Das macht mich stolz auf diesen Verband.  

In der 2005 beschlossenen Ordnung der DPSG hatten wir die Handlungsfelder „Geschwisterlich leben“, „Friedensbedingungen schaffen“, „Nachhaltig leben“ und „Freiheit wagen“ beschrieben. In den Randnotizen von „Solidarisch sein“ bis „Wachsam und kritisch sein“ wird deutlich, dass dieses Handeln kein anderes sein kann als politisches Handeln. Das bedeutet für mich: gesellschaftspolitisches und kirchenpolitisches Handeln. Das Gesetz der DPSG macht dazu Mut: zuversichtlich und mit wachen Augen durch die Welt zu gehen und sagen, was ich denke – und tun, was ich sage! 

Pfadfinder und Mönch 

Neun Jahre lang durfte ich Bundeskurat der DPSG sein. Immer wieder kam die Frage, wie das denn geht – als Benediktiner, der doch fest an einem Ort und in einer Gemeinschaft lebt. Die oberflächlichste Antwort ist: wir sind ja Missionsbenediktiner. Da leben immer wieder Einzelne auf Außenposten, um den Glauben weiterzugeben. Die persönliche Antwort ist, dass ich im Pfadfinden neben meiner Heimat im Kloster eine zweite Heimat gefunden habe. Noch dazu eine, wo es manche Parallelen gibt zwischen unserer Ordensregel des Hl. Benedikt und dem Prägenden des Pfadfindens. Wenn Benedikt sagt: „Alle sollen zum Rat gerufen werden, weil der Geist oft den Jüngeren eingibt, was das Bessere ist,“ sprechen wir in der DPSG von Kindermitbestimmung. Groß- und Kleingruppen, Leitungsverständnis, Regeln und Miteinander – es ließe sich Vieles auflisten. 

Das für mich wirklich Wichtige habe ich einmal in einem Artikel so beschrieben: „Ich möchte erzählen von dem, was mein Leben geprägt hat. Von den Situationen mit dem Tod lieber Menschen und dem eigenen Verzweifeln, vom selber knapp dem Tod entgehen und dem neuen Mut zum „Heute“, von intensivsten Gesprächen und dem sprachlosen Staunen, …“. An wie viele Abend und Nächte am Lagerfeuer denke ich zurück, an Ausbildungen und Konferenzen. Das ist für mich sehr „politisch“ – mich auf mich selber und mein Leben besinnen und anderen dabei zur Seite stehen. Nur so bestärkt kann ich aktiv werden, mich einsetzen. Benedikt beschreibt das so: „… dem weitet sich das Herz und er geht den Weg der Gebote Gottes in unaussprechlicher Freude der Liebe!“ 

Scoutmission 

Im Blick auf kirchliches Handeln wurde das für mich sehr deutlich beim Weltjugendtag 2005 in Köln. In der Vorbereitung konnten wir uns mit den anderen Jugendverbänden kräftig einbringen und bei der feierlichen Vigil dem Papst das Friedenslicht bringen. Dass wir nicht nur eine große Unterkunftsmöglichkeit für Pfadfinderinnen und Pfadfinder aus der ganzen Welt auf den Düsseldorfer Rheinwiesen errichten konnten, sondern dort auch das große Kreuz aufgestellt haben, das jetzt in Westernohe steht und einen Jurtendom, der seinesgleichen suchen wird, sind für mich deutliche Zeichen, die wir gesetzt haben. Wir sind mit dabei und bringen uns mit unserer ganz eigenen Spiritualität und Religiosität ein in diese Kirche. Auch weltweit. 

Dass wir das Label „scoutMISSION“ aus diesem Event mitgenommen haben als Label für spirituelles Handeln in der DPSG, schien nur folgerichtig. Zum WJT hatten wir eine Positionsbestimmung geschrieben, wo und wie wir uns in der katholischen Kirche sehen. Das sollte Folgen haben – für unser eigenes Engagement. Und zu dem gehört beides: das spirituelle und das politische. 

„Seid stets bereit jedem Rede und Antwort zu stehen der Euch fragt nach der Hoffnung, die euch erfüllt“ (1 Petr 3,15) ist für mich ein herausfordernder Satz aus der Bibel. Als ich ihn mir zu meiner Priesterweihe ausgesucht habe, sagt mir mein Pfarrer: „Und lebe so, dass man dich fragt!“ Das sehe ich auch als Herausforderung in der DPSG: Vergewissern wir uns unseres Glaubens und unserer Hoffnung – und leben wir sie so, dass andere Menschen, vor allem die Kinder und Jugendlichen, von ihnen angesteckt werden. Das ist unsere „scoutmission“! 

Und das hat deutlich auch kirchenpolitische Dimensionen. Mussten wir in den 90er-Jahren noch darum kämpfen, dass auch Männer und Frauen, die keine Priester waren, geistliche Leitung in den Verbänden übernehmen, bei uns Kuratin oder Kurat werden konnten, bat die Deutsche Bischofskonferenz nach dem Ende meiner Amtszeit und vergeblichen Versuchen, einen Nachfolger zu finden (nicht, weil es niemanden gegeben gab, der das gerne gemacht hätte) die DPSG bat, ihre Satzung zu ändern, sodass auch ein Nicht-Priester Bundeskurat*in werden kann (auf allen anderen Ebenen gab es das schon). Was das für das Amt, seine Ausübung, Eingebundenheit und Möglichkeiten bedeutet, darauf kann man schauen und bauen. Dass es eine glatte Bankroterklärung der katholischen Kirche in Deutschland war, sollte uns erschrecken. Und wenn wir nicht den Kopf in den Sand stecken wollen („Wer heute den Kopf in den Sand steckt, knirscht morgen mit den Zähnen.“), müssen wir uns engagieren. Müssen (und wir können es!) wir zeigen, wie gelebter Glaube, gefeierter Glaube und weitergegebener Glaub heute geht. 

On A Mission 2 

Das gilt auch für viele gesellschaftspolitische Themen. Das „Werkzeug“ dazu gibt uns doch schon unsere pfadfinderische Methodik in die Hand. „Look at the child.“ Groß- und Kleingruppe. Projektmethode. Und nicht zuletzt: „Learning by doing.“ Ich kann und muss bei mir selber anfangen – und andere dazu befähigen. Im Kleinen und im Größeren können wir uns engagieren, uns ausprobieren. Zeichen setzen. Mut machen. Wenn ein Einzelner sich „mit anderen verbindet, um gesellschaftliche Prozesse zur Geschwisterlichkeit und Gerechtigkeit für alle ins Leben zu rufen, tritt er in das Feld der umfassenderen Nächstenliebe, der politischen Nächstenliebe ein.“ Was in der neuen Enzyklika von Papst Franziskus kompliziert klingt, ist ganz einfach: „Tu es jetzt!“ (Lord Robert Baden-Powell) 

Oder aus der Ordnung von 2005: „Bei allem, wofür wir stehen und was wir tun, vertrauen wir darauf, dass Gott uns nahe ist, uns unterstützt und trägt.“ 

Über den*die Autor*in

Guido Hügen OSB