Pfadfinden ist politisch – in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen! 

Weißt Du, warum Euer Sommerlager von der Stadt einen Zuschuss von 2,- Euro pro Tag und Teilnehmer*in erhält? Und warum in der Nachbarstadt doppelt so viel Geld ausgeschüttet wird? Diese und […]

Weißt Du, warum Euer Sommerlager von der Stadt einen Zuschuss von 2,- Euro pro Tag und Teilnehmer*in erhält? Und warum in der Nachbarstadt doppelt so viel Geld ausgeschüttet wird? Diese und viele weitere Fragen beantwortet „Urgestein“ Christian Brünninghoff für dich in diesem Beitrag.

Jedes Jugendamt fördert Maßnahmen der Jugendarbeit wie Bildungs- oder Freizeitmaßnahmen. Doch warum zahlt jedes Jugendamt andere Fördersätze? Warum ist das Verfahren überall unterschiedlich? Und wer entscheidet das eigentlich?  

Hier sind wir gefordert, die Interessen der Ehrenamtlichen gegenüber dem Jugendamt und der Politik zu formulieren und zu vertreten. Nach jeder Kommunalwahl wird für die Legislaturperiode ein sogenannter „Kinder- und Jugendförderplan“ geschrieben. Dazu ist das Jugendamt per Gesetz verpflichtet, mit allen Trägern – also auch dem Pfadfinderstamm –  für diesen Plan frühzeitig und kontinuierlich zusammen zu arbeiten. SO soll sichergestellt werden, dass bei der strategischen Entwicklung der Jugendarbeit nicht nur Bestandswahrung passiert, sondern auch auf Entwicklungen reagiert werden kann. In diesem Verfahren kann man z. B. die Höhe der Förderung hinterfragen. Wenn ihr ein eigenes Haus oder Zeltplatz habt, ist genau dieses Verfahren wichtig, damit ihr für Eure Einrichtung auch Mittel bekommen könnt. Man kann das Jugendamt auch daran erinnern, dass Pfadfinderstämme nicht nur Fördermittel erhalten dürfen, wenn sie eine Ferienfreizeit anbieten. Der Gesetzgeber schreibt vor, dass Jugendverbände anlasslos allein durch ihre Existenz vom Staat zu fördern sind. (Das macht in NRW nur kaum ein Jugendamt). Wichtige Schnittstellen sind dafür die Vertreter*innen der Jugendverbände in den Jugendhilfeausschüssen. Weißt Du eigentlich, wer da für die katholische Jugend sitzt?  

Weißt Du, was der Gesetzgeber den Jugendverbänden für einen Auftrag gibt? Wie setzen wir das eigentlich in unserem Stammesalltag um? 

Im Kinder- und Jugendhilfegesetz widmet der Gesetzgeber den Jugendverbänden einen eigenen Paragraphen. Da heißt es: „Durch Jugendverbände und ihre Zusammenschlüsse werden Anliegen und Interessen junger Menschen zum Ausdruck gebracht und vertreten.“ (§12 SGB VIII). 

Wie bringt ihr die Bedürfnisse der jungen Menschen in Eurem Ort in die Politik ein? Arbeitet ihr im Jugendring mit? Diskutiert ihr mit dem Bürgermeister oder dem Ortsvorsteher? Wäre das gegebenenfalls ein spannendes Feld, um Neues auszuprobieren? 

Weißt Du, welche Wirkung es haben kann, öffentlich für seine Werte einzustehen? 

Unsere Haltung bringen wir wieder vermehrt auf die Straße: Pfadfinder*innen sind aktiv für die Anerkennung nicht-heterosexueller Menschen z. B. in Kluft auf dem CSD. Pfadfinder sind aktiv mit Fridays for Future und demonstrieren für konsequenteres politisches Handeln gegen den Klimawandel. Pfadfinder gehen auf die Straße um gegen Rechts Flagge zu zeigen. Kindern und Jugendlichen zu vermitteln, dass Demonstrationen, Unterschriftensammlungen oder Online-Petitionen wichtige demokratische Instrumente sind, ist auch ein Teil unseres Auftrags. Pfadfinder*innen werden wahrgenommen als junge Menschen mit Positionen und Haltung. Sowohl von politischen Entscheidungsträger*innen, als auch von den Mitmenschen. 

Weißt Du, warum jede Gruppenstunde und jedes Ferienlager ein Stück Bildungsarbeit ist? 

Pfadfinderarbeit vermittelt jungen Menschen, wie unterschiedliche Interessen und Bedürfnisse zur Sprache kommen können und wie man gemeinsam Entscheidungen in der Gruppe fällt. Wenn die Wölflinge das nächste Sommerlager am Meer verbringen möchten, die Juffis aber lieber in den Bergen, dann lernen beide Gruppen, wie man zu einer Entscheidung kommt: Argumente finden, Verbündete suchen, überzeugen und ggf. in der Stammesversammlung einen Antrag stellen. Da sind wir bei den Pfadfinder*innen genauso wie in vielen anderen Jugendverbänden „Werkstatt der Demokratie“ – so leisten wir einen wichtigen Beitrag dazu, dass Kinder und Jugendliche sich mit demokratischen Prozessen auseinandersetzen. Und selbst wenn das Sommerlager dann doch in die Berge geht, war der Prozess dahin für die Wölflinge und Juffis eine wichtige Erfahrung. 

2021 ist Bundestagswahl. Macht ihr dazu eigentlich etwas in Eurem Stamm? Ladet doch Kandidat*innen ans Lagerfeuer ein. Oder simuliert mit dem Stamm die Bundestagswahl! Wäre doch spannend, wen ein Wölfling aus welchen Gründen wählen würde, oder? Landesweit bietet die U18-Wahl dafür Materialien und Infos. 

Wenn Ihr Fragen zu diesen und weiteren Themen der Jugendpolitik für Pfadfinder*innen habt: Meldet Euch gerne! 

Bildnachweis: XXXXXXXXXXXXXXXX

Über den*die Autor*in

Christian Brünninghoff

Christian war früher Bezirkskurat in Niederrhein-Süd und im BDKJ-Kreisvorstand aktiv. Heute arbeitet er im Jugendwerk und in der Mitgliederversammlung des Gilwell mit. Außerdem ist er Mitglied im jugendpolitischen Ausschuss des rdp NRW. Hauptberuflich ist Christian Geschäftsführer der kommunalen Jugendringe in NRW und unterstützt junge Menschen, Jugendverbände und auch Pfadfinder dabei, ihre Rechte gegenüber Politik und Verwaltung zu formulieren und einzufordern.