„Ich darf das sagen!“ – Ein Satz, den ich immer wieder höre. Von vielen Menschen, aber besonders von Kindern und Jugendlichen. Spannend ist, was manchmal dahintersteckt: Ist es ein Auflehnen? Oder ein mutiges Einstehen für sich selbst – das Formulieren der eigenen Meinung? Beginnt hier bereits das, was wir Empowerment nennen?
Doch was bedeutet Empowerment eigentlich konkret in unserer verbandlichen Jugendarbeit – und warum ist es mehr als ein nettes Extra?
Empowerment – ein sperriges Wort. Es bedeutet, Menschen zu befähigen, ihre Interessen zu vertreten, Entscheidungen selbst zu treffen und Verantwortung zu übernehmen. Es geht darum, Stärken zu entdecken, Selbstvertrauen aufzubauen und handlungsfähig zu werden – individuell wie gemeinschaftlich.
Genau darin liegt auch der Kern unserer pfadfinderischen Idee: Wir vermitteln jungen Menschen täglich, dass sie zählen. Wir nehmen sie ernst, hören ihnen zu, schaffen Räume, in denen sie Verantwortung übernehmen und ihre Ideen umsetzen können. Wir fördern Kompetenzen – persönliche, soziale und gesellschaftliche.
Empowerment ist keine Methode, sondern eine innere Haltung. Wer junge Menschen empowern will, braucht Vertrauen, Geduld – und die Bereitschaft, Kontrolle abzugeben.
Unsere Ordnung betont klar die Bedeutung von Mitbestimmung und Beteiligung. Junge Menschen sollen an Entscheidungen beteiligt werden und Gehör finden. Das beginnt nicht erst bei der Stammesversammlung. Es zeigt sich in den kleinen, alltäglichen Momenten der Gruppenstunde oder auf Fahrten: „Was wollen wir essen?“ ist ebenso Teil demokratischen Lernens wie die Wahl des nächsten Gruppenprojekts.
Wir verstehen uns als Verband, der Kinder und Jugendliche auf dem Weg zu selbstbewussten, solidarischen und verantwortungsvollen Menschen begleitet. Dazu gehört auch, ihnen Räume zu eröffnen, in denen sie sich ausprobieren dürfen – ohne Angst vor Fehlern, mit echten Gestaltungsmöglichkeiten und der Chance zur Reflexion. Empowerment bedeutet nicht, alles freizugeben, sondern verlässliche Strukturen zu schaffen, in denen Selbstverwirklichung möglich ist.
Wenn Kinder und Jugendliche genau das bei uns erleben, nehmen sie diese Erfahrungen mit in ihr weiteres Leben. Wir fördern damit die Fähigkeit, Dinge zu hinterfragen – und zu verändern. Wir legen den Grundstein für eine kritische Zivilgesellschaft, die hinschaut, hinhört und den Finger in die Wunde legt. Wir ermöglichen eine demokratische Sicht auf die Welt.
Ob bei der Planung des nächsten Stammeslagers oder bei der Frage, welche Themen die Gruppenstunde bestimmen – überall steckt demokratisches Lernen. Wer erlebt, dass die eigene Stimme zählt, wird sich auch später einmischen: in Schule, Kommune und Gesellschaft. Empowerment ist deshalb kein Randthema, sondern ein zentrales Anliegen unserer verbandlichen Bildungsarbeit – und ein tragender Pfeiler für die Entwicklung demokratischer Persönlichkeiten.
Bild: Andreas Krüskemper