Hinweis: Sensibler Inhalt
In diesem Artikel geht es um den Umgang mit Vorfällen sexualisierter Gewalt im Kontext von Kinder- und Jugendarbeit. Dabei werden mögliche Situationen, Reaktionen und Handlungsschritte thematisiert, die für Betroffene emotional belastend sein können.
Bitte achte gut auf dich beim Lesen. Wenn du merkst, dass dich das Thema überfordert oder emotional berührt, nimm dir eine Pause oder sprich mit einer vertrauten Person. Es ist völlig in Ordnung, nicht alles lesen zu wollen oder zu können. Bei Bedarf gibt es professionelle Beratungsstellen, die Unterstützung bieten. Du bist nicht allein.
Ein Vorfall im Lager ist ein Ausnahmezustand – emotional wie organisatorisch. In unseren Präventionsschulungen werden häufig sogenannte Fallbeispiele verwendet, um Leitenden Handlungssicherheit zu vermitteln. Diese „Übungsszenarien“ helfen, sich mit Handlungsleitfäden vertraut zu machen und im Ernstfall nicht unvorbereitet zu sein. Doch sie haben Grenzen: Sie können nicht die emotionale Wucht des Moments abbilden – nicht die Betroffenheit, nicht den Schock, nicht die Angst oder Unsicherheit, die ein realer Vorfall mit sich bringt.
Tritt ein solcher Vorfall ein, steht zunächst eines im Vordergrund: Ruhe bewahren. Du musst nicht alles allein meistern, auch wenn du vielleicht die erste Ansprechperson bist. Suche dir Unterstützung – eine Vertrauensperson, mit der du dich besprechen kannst. Dabei gilt, informiere: So viele wie nötig, so wenige wie möglich.
Der erste konkrete Schritt: Sorge für Sicherheit. Die betroffene Person – oft ein Kind oder ein*e Jugendliche*r – muss sich in diesem Moment sicher, ernst genommen und geschützt fühlen. Begegne ihr mit Offenheit, Zuverlässigkeit und ehrlichem Interesse. Ein Satz wie „Danke, dass du dich mir anvertraut hast“ kann ein wichtiges Signal der Anerkennung und Unterstützung sein.
Vermeide es, ein Schweigeversprechen zu geben – so verständlich dieser Impuls auch sein mag. Du wirst dieses Versprechen nicht halten können, ohne Vertrauen zu gefährden. Sage stattdessen ehrlich: „Ich muss Hilfe holen, damit du geschützt wirst und ich dir helfen kann.“
Nach dem Gespräch ist es wichtig, die betroffene und die beschuldigte Person zu trennen – ohne Schuldzuweisung, aber klar und konsequent. Dies dient dem Schutz beider Seiten und verhindert weitere Eskalationen.
Nun gilt es, die Lagerleitung zu informieren. Auch hier ist ein umsichtiges Vorgehen gefragt: Sensible Informationen sollten nur an die wirklich notwendigen Personen weitergegeben werden. Eine breite Diskussion in der Leitendenrunde ist nicht zielführend und kann Vertrauen zerstören. Eine spätere, allgemein gehaltene Information („Es gab einen Vorfall, wir haben reagiert und notwendige Schritte eingeleitet“) reicht in den meisten Fällen aus.
Niemand muss solche Situationen allein stemmen. Es ist ausdrücklich empfohlen, sich frühzeitig fachliche Unterstützung zu holen – zum Beispiel über eine Fachberatungsstelle. Viele Stellen bieten anonyme Erstberatung an, diese hilft, die nächsten Schritte zu planen, dir eine erste, fachliche Einordnung und Handlungsempfehlung zu geben. Wichtig an dieser Stelle: Nicht alle Beratungsstellen sind am Wochenende erreichbar. Sollte das der Fall sein, heißt es: Ruhe bewahren und die Situation einschätzen.
Über den Fachberatungsstellen-Finder könnt ihr prüfen, ob eine Fachberatungsstelle am Wochenende verfügbar ist, sollte dies nicht der Fall sein, habt ihr bis hier hin alle nötigen Schritte befolgt. Eine Beratung könnt ihr euch einholen, sobald diese wieder verfügbar ist.
Es empfiehlt sich in jedem Fall sich im Vorfeld mit dem Thema auseinanderzusetzen. Eine Präventionsmappe, mit den wichtigsten Informationen als ergänzender Bestanteil zur Notfallmappe ist eine gute Möglichkeit. Denn Prävention bedeutet nicht nur, Risiken zu vermeiden, sondern auch vorbereitet zu sein und zu wissen, was im Ernstfall zu tun ist.
Handlungsleitfaden für Präventionsfälle des Bistum Münster
Notfallmanagement des DPSG DV Münster
Ansprechpartner*innen Prävention / Intervention im DV
Bild: DPSG Bezirk Münster