Eine schwarze Pfadfinder-Jurte mit einem Notfall-Schild weißes Kreuz auf grünem Grund.

Vorfall im Lager – was jetzt?

Als Leiter*in plötzlich mit einem Präventionsfall konfrontiert zu sein, ist eine große Herausforderung. Um die Ruhe zu bewahren ist es hilfreich, vorbereitet zu sein und einen Spickzettel in der Tasche zu haben. Zum Glück gibt es diesen Artikel!

Hinweis: Sensibler Inhalt 
In diesem Artikel geht es um den Umgang mit Vorfällen sexualisierter Gewalt im Kontext von Kinder- und Jugendarbeit. Dabei werden mögliche Situationen, Reaktionen und Handlungsschritte thematisiert, die für Betroffene emotional belastend sein können. 
Bitte achte gut auf dich beim Lesen. Wenn du merkst, dass dich das Thema überfordert oder emotional berührt, nimm dir eine Pause oder sprich mit einer vertrauten Person. Es ist völlig in Ordnung, nicht alles lesen zu wollen oder zu können. Bei Bedarf gibt es professionelle Beratungsstellen, die Unterstützung bieten. Du bist nicht allein. 

Handlungssicherheit durch Prävention

Ein Vorfall im Lager ist ein Ausnahmezustand – emotional wie organisatorisch. In unseren Präventionsschulungen werden häufig sogenannte Fallbeispiele verwendet, um Leitenden Handlungssicherheit zu vermitteln. Diese „Übungsszenarien“ helfen, sich mit Handlungsleitfäden vertraut zu machen und im Ernstfall nicht unvorbereitet zu sein. Doch sie haben Grenzen: Sie können nicht die emotionale Wucht des Moments abbilden – nicht die Betroffenheit, nicht den Schock, nicht die Angst oder Unsicherheit, die ein realer Vorfall mit sich bringt. 

Ruhe bewahren – der erste wichtige Schritt 

Tritt ein solcher Vorfall ein, steht zunächst eines im Vordergrund: Ruhe bewahren. Du musst nicht alles allein meistern, auch wenn du vielleicht die erste Ansprechperson bist. Suche dir Unterstützung – eine Vertrauensperson, mit der du dich besprechen kannst. Dabei gilt, informiere: So viele wie nötig, so wenige wie möglich. 

Schutz der betroffenen Person 

Der erste konkrete Schritt: Sorge für Sicherheit. Die betroffene Person – oft ein Kind oder ein*e Jugendliche*r – muss sich in diesem Moment sicher, ernst genommen und geschützt fühlen. Begegne ihr mit Offenheit, Zuverlässigkeit und ehrlichem Interesse. Ein Satz wie „Danke, dass du dich mir anvertraut hast“ kann ein wichtiges Signal der Anerkennung und Unterstützung sein. 

Vermeide es, ein Schweigeversprechen zu geben – so verständlich dieser Impuls auch sein mag. Du wirst dieses Versprechen nicht halten können, ohne Vertrauen zu gefährden. Sage stattdessen ehrlich: „Ich muss Hilfe holen, damit du geschützt wirst und ich dir helfen kann.“ 

Trennung der beteiligten Personen 

Nach dem Gespräch ist es wichtig, die betroffene und die beschuldigte Person zu trennen – ohne Schuldzuweisung, aber klar und konsequent. Dies dient dem Schutz beider Seiten und verhindert weitere Eskalationen.

Information und Kommunikation 

Nun gilt es, die Lagerleitung zu informieren. Auch hier ist ein umsichtiges Vorgehen gefragt: Sensible Informationen sollten nur an die wirklich notwendigen Personen weitergegeben werden. Eine breite Diskussion in der Leitendenrunde ist nicht zielführend und kann Vertrauen zerstören. Eine spätere, allgemein gehaltene Information („Es gab einen Vorfall, wir haben reagiert und notwendige Schritte eingeleitet“) reicht in den meisten Fällen aus. 

Professionelle Hilfe einholen 

Niemand muss solche Situationen allein stemmen. Es ist ausdrücklich empfohlen, sich frühzeitig fachliche Unterstützung zu holen – zum Beispiel über eine Fachberatungsstelle. Viele Stellen bieten anonyme Erstberatung an, diese hilft, die nächsten Schritte zu planen, dir eine erste, fachliche Einordnung und Handlungsempfehlung zu geben. Wichtig an dieser Stelle: Nicht alle Beratungsstellen sind am Wochenende erreichbar. Sollte das der Fall sein, heißt es: Ruhe bewahren und die Situation einschätzen. 

Über den Fachberatungsstellen-Finder könnt ihr prüfen, ob eine Fachberatungsstelle am Wochenende verfügbar ist, sollte dies nicht der Fall sein, habt ihr bis hier hin alle nötigen Schritte befolgt. Eine Beratung könnt ihr euch einholen, sobald diese wieder verfügbar ist. 

Be prepared – Vorbereitung gibt Sicherheit

Es empfiehlt sich in jedem Fall sich im Vorfeld mit dem Thema auseinanderzusetzen. Eine Präventionsmappe, mit den wichtigsten Informationen als ergänzender Bestanteil zur Notfallmappe ist eine gute Möglichkeit. Denn Prävention bedeutet nicht nur, Risiken zu vermeiden, sondern auch vorbereitet zu sein und zu wissen, was im Ernstfall zu tun ist. 

Dieser Artikel als PDF-Datei:

Dieser Artikel als PDF-Datei zum Ausdrucken und Weiterverschicken bzw. für die Präventions- oder Notfallmappe.

Weitere Links:

Handlungsleitfaden für Präventionsfälle des Bistum Münster

Fachberatungsstellen-Finder

Notfallmanagement des DPSG DV Münster

Ansprechpartner*innen Prävention / Intervention im DV

Bild: DPSG Bezirk Münster

Über den*die Autor*in

Katja Schott

Katja ist Bildungsreferentin im DPSG Diözesanverband Münster.