Was haben wir Menschen mit Wasserflöhen gemeinsam? Die Frage mag ungewöhnlich klingen, aber die Antwort ist naheliegend: ein großes Interesse an sauberem Wasser.
Das gilt natürlich nicht nur für diese kleinen Planktonorganismen, sondern auch für andere Lebewesen unserer Bäche, Flüsse, Seen und Talsperren. Auch für Fische, Muscheln, Schnecken oder Krebse ist der Lebensraum Süßwasser und dessen Qualität von überlebenswichtiger Bedeutung. Konsequenterweise haben wir uns daher Wasserflöhe zu Verbündeten gemacht. Zwei Beispiele sollen hier etwas näher beleuchtet werden.
Aber vorab ein kurzer Steckbrief: Wasserflöhe sind kleine Krebstiere, die in stehenden Gewässern zu Millionen leben und sich dort von noch kleineren Algen ernähren, die sie mit kammartigen Vorrichtungen an ihren Beinen aus dem Wasser herausfiltern. Sie schwimmen ruckartig hüpfend voran, was ihnen die Bezeichnung „Flöhe“ eingetragen hat, obwohl sie mit diesen Insekten überhaupt nichts zu tun haben. Wasserflöhe selbst dienen wiederum als Beute für kleine Fische. Besonders Jungfische im ersten Jahr ihres Lebens ernähren sich von diesem Zooplankton. Wenn man eine Wasserprobe aus einem Tümpel in der Zeit von Mai bis September betrachtet, hat man gute Chancen, den kleinen Krebs auch im Lupengläschen aus der „Öko-Kiste Wasser“ zu erkennen.
Die Filtrationsleistung von Wasserflöhen ist in Talsperren sehr willkommen, denn das von hier in Richtung Wasserwerke abgeleitete Rohwasser sollte möglichst wenige Algen enthalten. In nährstoffreichem Wasser können „Algenblüten“ auftreten, das ist eine massenhafte Vermehrung von Algen oder Cyanobakterien. Diese vermindern die Rohwasserqualität und erschweren die Aufbereitung zu Trinkwasser. Hier macht man sich durch Biomanipulation [1] den Effekt zunutze, dass Fressfeinde die jeweilige Beute dezimieren. Um die Algenmenge klein zu halten, ist also eine hohe Zahl an Wasserflöhen erwünscht. Es gilt daher, die Anzahl der von ihnen lebenden Friedfische möglichst gering zu halten. Das wird durch den Einsatz von Raubfischen erzielt, die wiederum die Friedfische und ihre Nachkommen fressen.
Außerdem dienen die Tiere als Wasserwächter an Flüssen. In Überwachungsstationen, wie man sie zum Beispiel entlang des Rheins finden kann, werden Wasserflöhe in Becken mit „Bewegungsmeldern“ gehalten [2]. Wenn Tiere die Lichtschranken durchschwimmen, wird das Signal registriert. Wasser aus dem zu überwachenden Fluss wird langsam in diese Behälter geleitet. Enthält es Schadstoffe, verändert sich die Schwimmaktivität der Tiere. In diesem Fall wird ein Alarm ausgelöst und gleichzeitig automatisch eine Wasserprobe genommen. Daran kann später untersucht werden, welche Substanz im Wasser enthalten war. Dieses Biomonitoring hat den Vorteil, dass die Reaktion der „Wächter“ auch auf geringe aber langfristig vorhandene Mengen an Schadstoffen erfolgt. Außerdem erfüllen sie ihre Aufgabe rund um die Uhr, auch nachts und am Wochenende.
Sie sind nur millimetergroß, dafür aber sehr zahlreich in unseren Seen vorhanden. Aber keine Angst beim Baden – da sie ihren Namen zu Unrecht tragen, braucht man von Wasserflöhen keinerlei „Angriffe“ zu befürchten. Sie können weder stechen noch beißen. Dagegen leisten sie bei unseren Bemühungen um Wasserreinheit wertvolle Unterstützung.