Wie und was ich lernte in der DPSG

Ludwig hat schon viel erlebt in der DPSG - schließlich ist er schon seit 60 Jahren dabei. Hier erzählt er, was er in den letzten Jahrzehnten gelernt hat.

Ich, Ludwig Tovar, Jahrgang 1952, habe viel gelernt in meinen Jahren bei den Pfadfindern. Als kleiner Junge von 11 Jahren kam ich zur DPSG in Beckum durch meinen Nachbarn, der da sagte, man könne dort viel für sein Leben lernen. Und er sollte Recht behalten, denn unser Truppleiter war Handwerker von Beruf und das sahen wir sofort an allem, was er in die Hand nahm. 

Es gab da ein kleines Heftchen, das nannte sich „Probenordnung” und dort waren in abgestuften Schritten je nach Schwierigkeitsgrad und Anweisung verschiedene Aufgaben, die von den Jungen zu erledigen und zu bewerkstelligen waren. Bei bestandener Prüfung wurde ein Haken hinter die Probe gemacht. 

Und das musste ein Jungpfadfinder unbedingt können: 

  • kann seinen Versprechenstext auswendig aufsagen. 
  • kann die Entstehung des Pfadfindertums grob erklären. 
  • kann einen Kreuzbund, Parallelbund und Scherenbund anwenden. 
  • kann die folgenden Knoten anwenden: Palstek, Zimmermannsknoten, Weberflachknoten. 

So war es ein Bestreben, in möglichst kurzer Zeit sein Probenheft zu vervollständigen, um in der Sippe seinen Platz zu finden. 

Jahre später, ich war als Gruppenleiter bei den Jungpfadfindern im Trupp „Jules Verne“ mit meinem Freund Walter Goldstein aktiv, gab es diese Probenordnung immer noch, wenngleich auch in überarbeitender Fassung mit etwas anderen Aufgaben und Fragen. Nebenbei hatte ich durch den Diözesanreferenten in der Jungpfadfinderstufe Georg Bienemann im Jahr 1976 die Aufgaben eines Bezirksreferenten der Jungpfadfinderstufe im „Südöstlichen Münsterland“, (heute Bezirk Warendorf) übernommen. Mit meinen beiden Mitstreitern Magnus Weidlich aus Oelde und Thomas Leifeld aus Ahlen hatten wir in den kommenden Jahren die Devise von Baden Powell: Learning by Doing anzuwenden und den jungen Gruppenleitern aus Beckum, Diestedde, Wadersloh oder Sendenhorst zu erklären, wie das Motto: „Wie lernen wir für das Leben“ in den Stämmen und Trupps Einzug erhalten könnte. 

Durch Treffen in den Räumen der Pfadfinder in Neubeckum, Oelde und in der Landvolkhochschule in Freckenhorst wurden praktische Dinge erlernt, Musik gemacht und Bezirkslager inhaltlich vorbereitet. Aber auch die Referenten wurden durch die Diözesanleitung geschult. So fanden fast an jedem zweiten Wochenende Treffen mit dem Diözesanreferenten der Jungpfadfinderstufe im Büro in der Neustaße in Sendenhorst statt, und auch im Gilwell in Haltern fanden Bezirks-Jungpfadfinderlager unter einem klingenden Namen statt. Ein besonderes Ereignis war sicher das große „Hallo Freunde“-Lager 1976 in Xanten, an dem sehr viele Stämme auch aus dem „Südöstlichen Münsterland“ teilnahmen. Zur Vorbereitung des Lagers wurden alle Gruppenleiter aus den Stämmen nach Beckum eingeladen, und unter dem Motto „Wir brüten Neues aus!“ wurden handwerkliche Fähigkeiten und auch pädagogische Hilfen im Umgang mit Kindern und Schutzbefohlenen erklärt und behandelt. So wurde das Lehren und Lernen als Umgang mit Hilfsmitteln und Methoden der Pfadfinderei im Sinne von Baden Powell als gegenseitiges Geben und Nehmen verstanden. 

All das ist doch schon etwas länger her, doch was hat sich in den Jahren grundlegend geändert? 

Meiner Meinung nach nicht sehr viel: Unsere Pfadfinder in der heutigen Zeit gehen viel kritischer an die ihnen angebotenen Dinge heran, die technischen Hilfsmittel wie Handy, Beamer, Computer etc. haben immer mehr Einzug in die organisatorischen Möglichkeiten genommen und erleichtern die Arbeit doch sehr stark. 

Den ersten Woodbagde-Kurs Teil I, der in Haltern im Jahre 1972 unter der Leitung von Bruder Albin Hermann stattfand, war sehr geprägt von Handwerk und tatkräftigen Handeln unter den Teilnehmern. Albin war nicht so sehr der Theoretiker und wich Fragen in Punkto: Wie bewältige ich Probleme unter den Jungpfadfindern, wenn es zum Thema Sexualität oder Frustbewältigung in der Truppstunde oder im Lager ging, aus. Eine Aufarbeitung dieser oder anderer Themen diesbezüglich fand nur oberflächlich statt. 

Das Lernen unter den Teilnehmern bei Treffen im Bezirk Warendorf war auch geprägt von handwerklichem Tun, als Bezirksreferent der Jungpfadfinderstufe erinnere ich mich noch gut an eine Zusammenkunft im Clubheim der Sportvereins SV Neubeckum. Das Motto dieser Bezirksversammlung war: „Stile und Bräuche im Jungpfadfinder Trupp!“  In Arbeitsgruppen machten sich die Gruppenleiter Gedanken über Verhalten von Jungen innerhalb der Sippen: wer kocht und was gibt es zu Essen, Singen und Spiele spielen am Lagerfeuer, und andere Sachen, die in einer Gemeinschaft wichtig sind. 

Ganz anders ging es im Woodbagde -Kurs Teil II zu, an dem ich im Jahr 1973 teilgenommen habe. Unter dem damaligen Bundesvorsitzenden Dionys Zink trafen sich 15 junge Gruppenleiter, um zu erlernen: Wie entsteht Führung in der DPSG? Gleich am ersten Abend kamen die ersten Konflikte unter den Teilnehmern zu Tage. Alle Teilnehmer saßen im Kreis und jeder wartete auf den Teamleiter, der die Gruppenstunde eröffnen oder einleiten sollte. Nachdem eine gefühlte Stunde ohne einen Ton vergangen war, wurde es einigen Teilnehmern zu bunt und sie verabschiedeten sich aus der Runde. So langsam entwickelte sich innerhalb befreundeter Teilnehmer eine Diskussionsrunde, wer und wann mit den Gesprächen beginnen sollte. 

Dionys als Teamleiter kannte diese Situation schon aus anderen von ihm geleiteten Kursen und konnte die aufkommenden Konflikte erklären und deuten. 

Wie die heutigen Woodbagde Kurse ablaufen, weiß ich nicht, ich habe an keinem weiteren Kurs innerhalb der DPSG teilgenommen. 

Abschließend möchte ich noch einige Fotos aus etwas älteren Kursen im Bezirk Warendorf beifügen, und mit Benjamin Brittens Worten sagen:  

 Lernen ist wie Rudern gegen den Strom. 
Sobald man aufhört, treibt man zurück.

Bild: Holger Ackermann

Über den*die Autor*in

Ludwig Tovar

Referent für Archiv- und Geschichtswesen